Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 16.10.2014)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Kleve vom 16.10.2014 abgeändert. Der Streitwert für den Rechtsstreit und der Gegenstandswert für den Vergleich werden auf bis zu 700.000,00 EUR festgesetzt. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Das gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 68 Abs. 1 GKG als Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten führt zu einer Anhebung des Streitwertes auf bis zu 700.000,00 EUR. Auf die maßgebliche Kostenstufe und damit die Höhe der Gebühren hat dies allerdings keinen Einfluss.

 

Gründe

1. Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde ist nicht ohne Weiteres mit dem Nennbetrag der Bürgschaft gleichzusetzen, sondern gemäß § 3 ZPO anhand des Interesses der Klägerin zu schätzen, das wesentlich geringer sein kann als der Nennwert (vgl. BGH NJW-RR 1994, 758; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, I-23 U 15/13, juris, Tz. 41). Soll mit dem Herausgabeanspruch verhindert werden, dass der Bürge wegen umstrittener Forderungen in Anspruch genommen wird, ist der Streitwert nach § 3 ZPO mit dem Wert der Forderungen anzusetzen, deren sich die Beklagte gegenüber der Klägerin berühmt (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2014, 3249, 3251). Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 19.07.2010 (Anlage K 6) hat die Beklagte von der Klägerin einen Gesamtbetrag von 661.145,36 EUR verlangt.

Damit entfallen 661.145,36 EUR auf das Herausgabeverlangen gemäß Ziffer 1. und weitere 21.187,52 EUR auf den Klageantrag zu Ziffer 3.. Der Klageantrag zu Ziffer 3. betrifft die bezifferten Avalkosten in Höhe von 9.829,26 EUR bis einschließlich des 2. Quartals 2011 sowie darüber hinaus den - bisher bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigten - Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für die weiteren Avalkosten. Diesen Feststellungsantrag bemisst der Senat unter Berücksichtigung des Zeitraums ab dem 3. Quartal 2011 bis zur Feststellung des Vergleichs mit Beschluss vom 22.09.2014 mit einem Wert von (80 % von 13 × 1.092,14 EUR =) 11.358,26 EUR. Daraus ergibt sich der vom Senat festgesetzte Streitwert von bis zu 700.000,00 EUR.

2. Eine weiter gehende Erhöhung des Streitwerts ist weder im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 2. noch mit Blick auf die Widerklage angezeigt, wie das LG zutreffend ausgeführt hat.

Werden die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde einerseits und die gesicherte Forderung andererseits in einem Prozess geltend gemacht, so ist wegen wirtschaftlicher Gleichwertigkeit nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ein einheitlicher Streitwert festzusetzen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.08.1999, 13 W 35/99, juris, Tz. 4 m.w.N.; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 "Bürgschaft"; vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 06.05.2014, 1 W 21/14, juris). Das betrifft hier sowohl den Feststellungsantrag der Klägerin zu Ziffer 2., gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagten aus abgetretenem Recht der K. B. GmbH gegen die Klägerin keine Ansprüche in Höhe von 661.145,36 EUR bzw. gegen die Bürgin, die B. H. L. KG, in Höhe von 436.856,48 EUR zustehen, als auch die mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungsansprüche auf Erstattung von Erschließungskosten nebst Zinsen in Höhe von insgesamt 551.024,58 EUR. Denn die Bürgschaft des B. H. L. KG ist aufgrund der Verpflichtungen im notariellen Vertrag vom 12.05.1999 zur Sicherung der Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Vorausleistungen auf die Erschließungskosten nebst städtebaulicher Leistungen gestellt worden. Auf die danach mit der Bürgschaft gesicherten Forderungen beziehen sich sowohl der Feststellungsantrag der Klägerin als auch die von der Beklagten widerklagend geltend gemachten Zahlungsansprüche, die die Erschließungskosten betreffen, ohne dass bereits eine Schlussrechnung vorliegt, wobei die geltend gemachten Zinsen, auch wenn sie im Widerklageantrag zu Ziffer 2. gesondert beziffert sind, ohnehin gemäß § 43 GKG für die Streitwertfestsetzung außer Betracht zu bleiben haben.

3. Auch den Gegenstandswert des Vergleichs bemisst der Senat mit bis zu 700.000,00 EUR. Zwar umfasst der mit Beschluss des LG vom 22.09.2014 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellte Vergleich nicht nur die in diesem Rechtstreit wechselseitig geltend gemachten Ansprüche, sondern auch alle etwaigen weiteren wechselseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Baugebiet Stadt M., U. - L.straße/J.straße. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben indes nicht dargetan, dass damit zugleich weiter gehende Ansprüche erledigt wurden, die einen über 700.000,00 EUR hinausgehenden Streitwert rechtfertigen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9835548

NJW-RR 2016, 1215

AGS 2016, 520

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