Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtskosten: Schätzung des Streitwerts einer Klage auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde bei Interesse auf Erlöschen der Bürgschaftsforderung

 

Normenkette

ZPO § 3 Hs. 1; GKG § 45 Abs. 1 S. 3

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien bestand ein Werkvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses. Auf Verlangen der Beklagten veranlassten die Kläger ihre Bank zur Übernahme einer Bürgschaft über einen Höchstbetrag von 114.950 EUR zur Sicherung des restlichen Werklohnanspruches der Beklagten. Nachdem die Parteien den Werkvertrag wechselseitig gekündigt hatten, verlangten die Kläger die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Die Beklagte verlangte widerklagend die Zahlung restlichen Werklohns, den sie zunächst mit 50.361,66 EUR, später mit 43.974,63 EUR bezifferte.

Das LG hat den Streitwert mit dem angefochtenen Beschluss auf 50.361,66 EUR bis zum 31.1.2013 und auf 43.974,63 EUR für die Zeit danach festgesetzt. Dagegen richtet sich die nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erhobene Beschwerde der Kläger, mit der sie eine Festsetzung des Streitwerts auf den Höchstbetrag der Bürgschaft begehren.

II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist der §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 S. 2 GKG erhoben worden. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das LG hat den Streitwert zu Recht in der Höhe der von der Beklagten geltend gemachten restlichen Werklohnforderung festgesetzt.

Werden die Herausgabe der Bürgschaftsforderung einerseits und die gesicherte Forderung andererseits in einem Prozess geltend gemacht, so ist wegen wirtschaftlicher Gleichwertigkeit nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ein einheitlicher Streitwert festzusetzen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 - 12 W 36/98 (zit. nach juris); Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., Rz. 16 "Bürgschaft"). Der Wert der Herausgabeklage ist dabei nach § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde zu schätzen (BGH WuM 2006, 215; BGH NJW-RR 1994, 758, 759; KG, Beschl. v. 7.6.2001 - 8 W 164/01 (zit. nach juris); OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 1512 f.; Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl., Rz. 1749). Über die Grundlage der Schätzung gehen die Meinungen indes auseinander.

Z.T. wird der Streitwert anhand der Bewertung des Missbrauchsrisikos festgesetzt, jedenfalls dann, wenn die Hauptforderung erloschen ist (OLG Köln MDR 1994, 101). Nach anderer Auffassung ist der Streitwert auf 30 % der Hauptforderung zu schätzen, jedenfalls wenn der Streit nicht um die Hauptforderung geht, sondern die Bürgschaftsurkunde aus anderen Gründen zurückbehalten wird (OLG Bamberg, a.a.O.). Mit einem ähnlichen Ansatz soll der Streitwert die Höhe der geltend gemachten Hauptforderung zzgl. eines Zuschlages von 30 % der Differenz zwischen Hauptforderung und Bürgschaftsforderung wegen des weiter gehenden Interesses des Klägers ausmachen (OLG Stuttgart, a.a.O., und MDR 1980, 678). Nach wieder anderer Auffassung ist das Interesse des Klägers ausgehend von der Hauptforderung zu schätzen (Schneider/Herget, a.a.O.). Schließlich wird die Auffassung vertreten, der Streitwert sei in voller Höhe der Bürgschaftsforderung festzusetzen, wenn es dem Kläger darum gehe, die Inanspruchnahme des Bürgen zu vermeiden (BGH WuM 2006, 215; KG, a.a.O.), jedenfalls wenn die Hauptforderung die Bürgschaftsforderung übersteigt (BGH NJW-RR 1994, 758, 759; OLG Dresden BauR 2003, 931).

Der Senat ist der Auffassung, dass das Interesse des Klägers an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nur in der Höhe der Hauptforderung besteht, wenn diese hinter der Bürgschaftsforderung zurückbleibt. Denn nur in dieser Höhe droht ihm der Regress des Bürgen, wenn dieser aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird. Es gibt es keinen Grund, das Interesse des Klägers an der Herausgabe der Urkunde in der Höhe der vollen Bürgschaftsforderung anzunehmen, wenn die Inanspruchnahme des Bürgen in dieser Höhe nicht ernsthaft droht. Eine Begründung dafür lässt sich auch nicht den Entscheidungen entnehmen, in denen der Streitwert in Höhe der Bürgschaftsforderung festgesetzt worden ist, denn in den zu entscheidenden Fällen überstieg entweder die Hauptforderung die Bürgschaftsforderung oder es kam, soweit dies den veröffentlichten Entscheidungen entnommen werden kann, die Inanspruchnahme des Bürgen in voller Höhe in Betracht.

Ein Aufschlag wegen weiter gehender Interessen des Klägers, wie etwa der laufenden Kosten für die Stellung der Bürgschaft, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es ihm in erster Linie darum geht, die Inanspruchnahme des Bürgen zu verhindern.

Im vorliegenden Fall ging es den Klägern in erster Linie darum, die Inanspruchnahme der Bürgin zu verhindern. Dies ergibt sich aus ihrem Vorbringen in der Beschwerdeschrift, aber auch daraus, dass sie die Kosten der Bürgschaft nur hilfsweise geltend gemacht haben. Das Interesse an der H...

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