Entscheidungsstichwort (Thema)

Herausgabe. Streitwertbeschwerde

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 28.06.1999; Aktenzeichen 3 O 652/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 3. Zivilkammer – ER – des Landgerichts Ravensburg vom 28.06.1999 in Ziff. 1 dahin abgeändert, daß der Streitwert auf insgesamt 15.000,– DM festgesetzt wird.

 

Gründe

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts ist gem. § 25 Abs. 3 GKG, §§ 567, 569 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Nach Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Pachtverhältnisses hatte der Kläger die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde über die von ihm als Sicherheit gestellte Bankbürgschaft über 15.000,– DM verlangt, weil er der Ansicht war, dem Beklagten stünden keinerlei Ansprüche aus dem Pachtverhältnis zu, der Beklagte hatte hingegen Widerklage auf Zahlung von 12.119,46 DM nebst Zinsen erhoben, weil er Schadensersatzansprüche in dieser Höhe aus dem Pachtverhältnis behauptete. Entgegen der im Vorlagebeschluß des Landgerichts vom 29. Juli 1999 vertretenen Auffassung ist in einem derartigen Fall nicht Satz 1, sondern Satz 3 von § 19 Abs. 1 GKG einschlägig; die Streitwerte von Klage und Widerklage sind also nicht zusammenzurechnen.

Da die Bürgschaft als Sicherheit für restliche Zahlungsansprüche des Beklagten aus dem Pachtverhältnis diente, wurde hier wechselseitig das gleiche wirtschaftliche Interesse verfolgt: Mit der Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde sollte verhindert werden, daß der Beklagte die Bürgschaft für Ansprüche aus dem Pachtverhältnis in Anspruch nahm. Mit der Zahlungsklage wurden Ansprüche geltend gemacht, bei deren Bestehen die Bürgschaft in Anspruch genommen werden konnte, also vom Beklagten gerade nicht aufgegeben werden mußte. Die gegenseitige Abhängigkeit der Ansprüche fand darin sinnfälligen Ausdruck, daß jede Seite ihre Leistung bis zur Erbringung der Gegenleistung zurückbehalten konnte. Da die geltend gemachten Zahlungsansprüche die Bürgschaftssumme nicht voll ausschöpften, deckten sich die Streitgegenstände von Klage und Widerklage nicht vollständig, aber doch in Höhe dieser Zahlungsansprüche.

Demgemäß ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß keine Zusammenrechnung von Klage und Widerklage erfolgt, wenn einerseits die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde, andererseits Zahlungsklage erhoben wird (vgl. OLG Stuttgart MDR 1980, 678; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 5 RN 34; Schneider, Streitwert-Kommentar, 11. Aufl., RN 951; Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 19 GKG RN 15; allgemein zum Verhältnis der bestellten Sicherheit zur gesicherten Forderung auch Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 5 RN 8; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 5 RN 8; MünchK./Lappe, ZPO, § 5 RN 65).

Die Überlegung des Landgerichts und des Klägers, daß der Beklagte beim Erfolg seiner Widerklage einen Vollstreckungstitel erlangte, also mehr, als er bei bloßer Abweisung der Klage erreichen konnte, ist zwar richtig. Sie ändert jedoch nichts an der (teilweisen) wirtschaftlichen Identität beider Klagen und rechtfertigt nicht die Addierung der Streitwerte.

Da im vorliegenden Fall mit der Herausgabeklage eine Inanspruchnahme des Bürgen verhindert werden sollte, ist für sie der volle Wert der Bürgschaftsforderung bestimmend (vgl. Schneider a.a.O., RN 948). Der niedrigere Streitwert der Widerklage geht darin auf. Insgesamt ist der Streitwert daher unter Abänderung des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts auf 15.000,– DM festzusetzen. Einer Kostenentscheidung bedarf es nach § 25 Abs. 4 GKG nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1765099

OLGR-KS 2000, 42

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