Leitsatz (amtlich)

1. Trotz der Gefahr widerstreitender Entscheidungen kann ein Teilurteil gegen einen einfachen Streitgenossen ergehen, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Streitgenossen zu einer faktischen Prozesstrennung führt und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der unterbrochene Rechtsstreit alsbald fortgesetzt werden kann.

2. Ein ehemaliger Rechtsanwalt haftet nicht als Scheinsozius für Pflichtverletzungen eines früheren Mitgesellschafters, wenn er zwar noch im Briefkopf der Gesellschaft bürgerlichen Rechts namentlich genannt, aber am Seitenrand hinreichend deutlich darauf hingewiesen wird, dass er nicht mehr als Rechtsanwalt tätig ist.

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 10 O 231/10)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Des Weiteren beabsichtigt der Senat die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Urteils teilweise wie folgt abzuändern:

Von den Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger die Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten. Auch eine nachträgliche Änderung der Kostenentscheidung zu Satz 1 (Entscheidung über die Gerichtskosten) im Rahmen der Schlussentscheidung bleibt vorbehalten.

Das Teilurteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der auf den 20.5.2014 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das LG hat zu Recht durch Teilurteil entschieden und einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1) auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280, 675 BGB in Verbindung mit einem geschlossenen Anwaltsvertrag bzw. aus § 128 HGB analog nach den Grundsätzen der Rechtsscheinshaftung verneint.

Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründung keine Umstände aufgezeigt, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.

1. Verfahrensfehlerfrei hat das LG den Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1) durch Teilurteil entschieden.

Nach der Rechtsprechung des BGH darf eine Teilentscheidung grundsätzlich nur dann ergehen, wenn sie von der Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits in der Art unabhängig ist, dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse in der Teil- und in der Schlussentscheidung nicht besteht.

Dieser Grundsatz gilt indes nicht ausnahmslos. So hat der BGH entschieden, dass die Unterbrechung des Rechtsstreits wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Verfahren gegen die übrigen Streitgenossen nicht berührt, und zwar trotz der bestehenden Gefahr einer abweichenden Entscheidung bei späterer Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens. In ständiger Rechtsprechung hat der BGH hier die Möglichkeit bejaht, gem. § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen. Denn eine Ausnahme ist im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch Insolvenz eines einfachen Streitgenossen regelmäßig gerechtfertigt, weil sie zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Die Dauer der Unterbrechung ist in der Regel ungewiss. Sie endet, wenn das Verfahren nicht nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird, erst dann, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. Dieses Verfahren kann sich in Einzelfällen viele Jahre hinziehen. Ob und gegebenenfalls wann eine Aufnahme erfolgt, ist in aller Regel nicht voraussehbar. Die übrigen Streitgenossen haben keine prozessuale Möglichkeit, die Aufnahme des Verfahrens und damit auch den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken. Daher wäre es mit deren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann (BGH, Teilbeschluss v. 7.7.2010 - XII ZR 158/09, ZMR 2010, 943/944 m.w.N.; OLG Koblenz, Teilurteil vom 26.6.2006 - 12 U 685/05, NJW-RR 2007, 813-815; Thole in Prütting/Gehrlein, Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2013, § 301 ZPO Rz. 5).

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Bei den Beklagten, die vom Kläger als Gesamtschuldner aus ihrer gesamtschuldnerischen Haftung in Anspruch genommen werden, handelt es sich um einfache Streitgenossen, weil sie individuell die gesamte Leistung schulden und nicht als Gesamthand (Gehrlein/Schneider in Prütting/Gehrlein, Kommentar zur ZPO, ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge