Leitsatz (amtlich)

1. Das Standesamt darf die beabsichtigte Eheschließung einer Ausländerin nicht mit der Begründung, ihre Identität sei nicht belegt, ablehnen, wenn sie einen im Heimatland (hier: Pakistan) ausgestellten Reisepass vorlegt und Zweifel an der Echtheit des Dokuments weder erkennbar noch geltend gemacht sind.

2. Bei der vorzunehmenden Würdigung der gesamten Umstände reichen Auffälligkeiten im Geburtsregister (hier: unvollständiges Datum der Registrierung der Geburt wegen eines herausgerissenen Blattes; gelöschter und durch einen anderen ersetzter Geburtsname) - soweit sie nicht auf bewusste Täuschung im Rechtsverkehr gerichtete Manipulationen hindeuten - allein nicht aus, um hinreichende Zweifel an der Identität der Antragstellerin zu begründen.

 

Normenkette

PStG § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 08.11.2010; Aktenzeichen 98 III 10/10)

 

Tenor

Der Beteiligten zu 1) wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Der Beteiligte zu 2) wird angewiesen, die Anmeldung der Eheschließung zwischen der Beteiligten zu 1) und ihrem pakistanischen Verlobten nicht mit der Begründung abzulehnen, dass die Identität der Beteiligten zu 1) nicht geklärt sei.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1), die am 16.3.2008 zum Besuch eines Deutschkurses in das Bundesgebiet eingereist war und eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten hatte, beabsichtigt, ihren pakistanischen Verlobten zu heiraten. Sie beantragte im Dezember 2008 die Befreiung von der Pflicht zur Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses und meldete gleichzeitig die Eheschließung an. Das zuständige Standesamt schickte - auf Veranlassung der Präsidentin des OLG - die von der Beteiligten zu 1) zur Anmeldung der Eheschließung vorgelegten Urkunden zur Prüfung der Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit an die Deutsche Botschaft in Islamabad. Nach dem Bericht des beauftragten Vertrauensanwaltes sind im Registereintrag zur Geburtsurkunde der Beteiligten zu 1) näher bezeichnete "Manipulationen" vorgenommen wurden.

Am 12.5.2010 erteilte das OLG Düsseldorf eine für sechs Monate geltende Befreiung von der Pflicht zur Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses.

Durch Bescheid vom 26.5.2010 hat das beteiligte Standesamt die Vornahme der beabsichtigten Eheschließung mit der Begründung abgelehnt, dass die Identität der Beteiligten zu 1) nicht belegt sei.

Am 8.6.2010 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, die Anmeldung der Eheschließung zwischen ihr und ihrem pakistanischen Verlobten nicht mit der Begründung abzulehnen, dass ihre Identität nicht geklärt sei.

Das AG hat durch - dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) am 30.11.2010 zugestellten - Beschluss vom 8.11.2010 den Antrag zurückgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses ist mitgeteilt, dass gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der unbefristet zulässigen einfachen Beschwerde an das Amts- oder LG Düsseldorf gegeben sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) durch Schriftsatz ihres jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 6.12.2010 zunächst beim LG Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Der Vorsitzende der 25. Zivilkammer des LG Düsseldorf hat den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) durch Verfügung vom 22.12.2010 darauf hingewiesen, dass das OLG für die Beschwerde zuständig sein dürfte; zugleich wurde dem Verfahrensbevollmächtigten eine Frist von 3 Wochen zur Stellungnahme gesetzt. Mit Schreiben vom 3.1.2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) beantragt, die Beschwerde an das OLG zu verweisen. Nach ergänzendem Hinweis des Vorsitzenden der 25. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 4.1.2011 hat die Beteiligte zu 1) durch am 18.1.2011 beim OLG eingegangenen Schriftsatz erneut Beschwerde eingelegt und dies dem LG unter gleichem Datum mitgeteilt. Sie hat gemeint, die Annahme einer Manipulation beruhe auf bloßer subjektiver Wertung. Dagegen habe sie ihre Identität mit ihren - unstreitig abgelaufenen - Ausweispapieren nachgewiesen.

Das LG hat daraufhin die Akte am 19.1.2011 an das AG zurückgesandt, das der Beschwerde durch Beschluss vom 25.11.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.1. Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den vom 1.9.2009 an geltenden Verfahrensrecht, weil das amtsgerichtliche Verfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist. Die auf die Rechtslage vor dem 1.9.2009 abstellende Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss war daher falsch.

a) Nach Maßgabe der Vorschriften des insoweit anzuwenden FamFG ist die Beschwerde der Beteiligten zu 1) an sich unzulässig. Sie wäre binnen eines Monats bei dem Gericht einzulegen gewesen, dessen Entscheidung angefochten wird, §§ 58, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG. Die Monatsfrist ist am 30.12.2010 abgelaufen. Der Beschwerdeschriftsatz vom ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge