Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenstandsverfahren: Berücksichtigungsfähigkeit einer unrichtigen Vornamenseintragung im Geburtenbuch bei Verwechslung der Namensreihenfolge
Leitsatz (amtlich)
Haben die Kindeseltern sich nachweislich auf Vornamen ihres Kindes geeinigt (hier: "Aliya Esma") und unterzeichnen sie sodann irrtümlich die Geburtsanzeige, die die Vornamen in anderer Reihenfolge (hier: "Esma Aliya") ausweist, so liegt hierin eine der Berichtigung fähige Unrichtigkeit des Geburtenregisters.
Normenkette
PStG §§ 47-48
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 02.03.2012; Aktenzeichen 104 III 66/12) |
Tenor
Der Beschluss des AG Duisburg vom 2.3.2012 wird aufgehoben.
Der Beteiligte zu 4) wird angewiesen, die begehrte Berichtigung des Vornamens der Beteiligten zu 3) im Geburtenregister vorzunehmen.
Gründe
I. Unter dem 28.11.2011 wurde im Geburtenregister G 796/2011 des Beteiligten zu 4) als Vorname der am 14.11.2011 geborenen Beteiligte zu 3) "E. A." eingetragen.
Dem Eintrag lag zugrunde eine maschinenschriftlich ausgefüllte und von Beteiligten zu 1) und 2) unterzeichnete Geburtsanzeige vom 28.11.2011, wonach der Name der Beteiligten zu 3) "E. A. C." lautet.
Am 30.1.2012 haben die Beteiligte zu 1) und 2) über den Beteiligten zu 4) beantragt, den Vornamen der Beteiligten zu 3) dahingehend zu berichtigen, dass dieser lautet "A. E. C.". Sie haben vorgebracht, die Beteiligte zu 1) habe bei der Unterzeichnung des Geburtsanzeige nicht auf die Reihenfolge geachtet. da sie sich noch im Krankenhaus befunden und noch nicht von der Geburt erholt habe.
Die Beteiligten zu 3) und 4) sind dem Antrag entgegengetreten.
Das AG hat den Antrag durch Beschluss vom 2.3.2012 zurückgewiesen.
Hiergegen haben die Beteiligte zu 1) und 2) Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, es sei von Anfang an ihr ausdrücklicher Wusch gewesen, ihr Kind "A. E." zu nennen. Ihr Kind solle mit beiden Vornamen in der vorgenannten Reihenfolge gerufen werden. Sie hätten die Geburtsanzeige ohne weitere Überprüfung unterzeichnet, da sie in großer Sorge um ihre Tochter gewesen seien, da bei ihr Extrasystolen festgestellt worden sei.
Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 23.3.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.1. Die gem. § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist begründet.
Nach §§ 47, 48 kann eine Unrichtigkeit des Geburtenregisters berichtigt werden, wenn zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die beanstandete Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Eine der Berichtigung fähige Unrichtigkeit des Geburtenregisters kann auch darin liegen, dass die Eltern bei der Anmeldung der Geburt den Namen des Kindes unrichtig angeben. Maßgeblich ist nicht der bei der Anmeldung angegebene Namen, sondern der Name, den die Eltern dem Kind tatsächlich gegeben haben (OLG Hamm Beschluss v. 7.12.2011 -I-15 W 585/10 BeckRS 2012, 02500; Senat, 3 Wx 229/11; OLG Köln, NJOZ 2010, 2355 = StAZ 2010, 244. Das gilt nicht nur für offensichtliche Schreibfehler, sondern grundsätzlich auch für die Reihenfolge der Namen.
Entscheidend ist, welchen Namen die Eltern dem Kind gegeben haben. Die Wahl und Erteilung des Vornamens gehört zum Kreis der aus dem Personensorgerecht für das Kind folgenden Rechte und Pflichten der Eltern (BVerfG StAZ 2006, 50, 51; OLG Köln, a.a.O.). Die Vornamensgebung wird nicht durch Anzeige gegenüber dem Standesbeamten ausgeübt, sondern durch die formlose Einigung der Eltern auf einen Vornamen (OLG Hamm, a.a.O., Enders in Bamberger/Roth, Beck'scher Online Kommentar, Stand 1.11.2011, BGB, § 1616 Rz. 6). Die Anzeige des Namens an den Standesbeamten stellt keine rechtsgestaltende Willenserklärung dar, ihr kommt vielmehr, ebenso wie der Eintragung im Geburtenregister, lediglich deklaratorische Bedeutung zu (OLG Hamm und OLG Köln, a.a.O.; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2007, § 1616 Rz. 23; MünchKomm/v. Sachsen Gessaphe, BGB, 5. Aufl., nach § 1618 Rz. 5; Enders, a.a.O.). Daher kann der Geburtseintrag auch dann unrichtig sein, wenn die Anmeldung der Eltern nicht deren wahrem Willen entspricht (OLG Hamm, a.a.O.; MünchKomm/v. Sachsen Gessaphe, BGB, 5. Aufl., nach § 1618 Rz. 8). In diesem Zusammenhang kommt daher grundsätzlich auch die Berichtigung von Unrichtigkeiten in Betracht, die ihre Ursache in einem Schreibfehler der Eltern in der Geburtsanzeige an das Standesamt (§ 18 PStG) haben.
Eine berichtigungsfähige Unrichtigkeit des Geburtseintrags setzt allerdings voraus, dass der Eintrag im Geburtenregister mit dem damaligen tatsächlichen Willen der Eltern nicht in Einklang steht. Die Berichtigung ist dagegen kein zulässiges Instrument zur Revision des ursprünglichen elterlichen Erteilungsbeschlusses (OLG Hamm, a.a.O.; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2007, § 1616 Rz. 80). Eine Berichtigung kann vielmehr (nur) erfolgen, wenn zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die beanstandete Eintragung von Anfang an unric...