Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Beratung über eine fondsgebundene Rentenversicherung gelten die Aufklärungsanforderungen für Anlagegeschäfte, denn diese stellt sich bei wirtschaftlicher und lebensnaher Betrachtung als Anlagegeschäft dar (§§ 61 Abs. 1, 6 Abs. 5 VVG).

Dieser Beurteilung steht die Entscheidung des EuGH vom 31. Mai 2018 (Az. C-542/16) nicht entgegen.

2. Besteht ein Beratungsanlass für die Risiken, die der Versicherungsinteressent erkennbar absichern will, so ist er darauf hinzuweisen, wenn sich seine gewünschten Ziele mit dem anvisierten Produkt nicht erreichen lassen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 9 O 346/17)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 12. November 2019 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 19.001,88 festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben.

Zutreffend ist das Landgericht von der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den für die Beklagte tätigen Zeugen K. ausgegangen und hat eine Haftung gem. §§ 61 Abs. 1, 6 Abs. 5 VVG iVm §§ 280, 281, 249 BGB bejaht. Der Senat folgt sowohl den vom Landgericht angewandten Haftungsgrundsätzen als auch seiner Beweiswürdigung, die keine Rechtsfehler erkennen lässt.

1. Das Landgericht hat folgerichtig die Grundsätze angewandt, die bei einer Beratung über ein Anlagegeschäft einzuhalten sind. Der Kläger hat - entgegen der Auffassung der Beklagten - zu einer Verletzung der Beratungspflicht schlüssig vorgetragen und diese auch bewiesen.

Zwar hat der Kläger am 4. Februar 2015 zwei fondsgebundene Rentenversicherungsverträge (gleichen Inhalts) abgeschlossen, diese stellten sich jedoch bei sowohl wirtschaftlicher als auch lebensnaher Betrachtungsweise als Anlagegeschäfte dar, weshalb auch die dem Kläger erteilte Beratung des Vermittlers der Beklagten dem Rechnung zu tragen hatte. Denn es stand eine Renditeerwartung im Vordergrund. Diese Produkte waren dem bei Vertragsschluss berenteten, 67-jährigen Kläger empfohlen worden, der unstreitig weitere Altersvorsorge betreiben wollte. Die vereinbarte Versicherungsleistung war gegenüber der Renditeerwartung jedoch eindeutig von untergeordneter Bedeutung. Denn ausweislich der Versicherungsscheine vom 04. Februar 2015 (Anl. K1, GA 11 und GA 20) wird beim Tod der versicherten Person lediglich das vorhandene Vertragsguthaben fällig, welches durch die Entwicklung der Fondsanteile beeinflusst wurde und auch keiner Garantie im Sinne einer Mindestzahlung unterlag. Die Beklagte hat an gleicher Stelle ausdrücklich betont, dass sie eine Haftung für die Erfüllung der Mindestleistung von EUR 74.999,24, die zum Ende der Ansparphase als Verrentungskapital zur Verfügung stehen "soll", nicht übernehme (aaO).

Damit unterlagen die Aufklärungsanforderungen denen für Anlagegeschäfte. Der Senat folgt hier der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat sogar beim Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit einer garantierten Todesfallleistung von 101 % (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, Rz. 53, jetzt und im Folgenden zitiert nach juris) diese Grundsätze angewandt und ausgeführt, dass auch in solchen Fällen die Renditeerwartung vorrangig sei (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 27. Juni 2016 - 8 U 2633/14, Rz. 90ff.).

Gegen die Anwendung dieser Grundsätze spricht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Urteil des EuGH vom 31. Mai 2018 (C-542/16). Zwar ist daraus zu entnehmen, dass die Finanzberatung in Bezug auf die Anlage von Kapital, die im Rahmen einer auf den Abschluss einer Kapitallebensversicherung gerichteten Versicherungsvermittlung erbracht wird, unter die Richtlinie 2002/92 und nicht unter die Richtlinie 2004/39 fällt (EuGH, aaO, Rn. 70, juris). Das besagt jedoch nur, dass die in solch einem Fall den Versicherungsvermittler treffenden Pflichten sich aus Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92 und der darauf basierenden Norm des § 61 VVG ergeben. Das schließt indes nicht aus, dass bei der Au...

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