Leitsatz (amtlich)

Auch dann, wenn die Strafvollstreckungskammer ein zur Vorbereitung ihrer Prüfung, ob die Unterbringung nach §§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB zur Bewährung auszusetzen ist, eingeholtes externes Prognosegutachten nur mittelbar verwertet hat, ist sie zur Anhörung des Sachverständigen und dazu verpflichtet, den Beteiligten Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen,

 

Gründe

Der Verurteilte ist auf Grund des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 7, März 2005 gemäß § 61 StGB untergebracht. Die Strafvollstreckungskammer hat nunmehr die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat einen vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vcrn,18: Juni 2009 ausgeführt

"Das gemäß §§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte Rechtsmittel ist form- und fristgerecht (§§ 306, 311 Abs. 1 StPO) eingelegt worden.

In der Sache hat es - jedenfalls vorläufigen - Erfolg.

Zwar ist die weitere Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht bereits deswegen unzulässig, weil der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer entgegen § 67 e Satz 2, Abs. 2 StGB mehr als ein Jahr nach der letzten Fortdauerentscheidung am 16. April 2009 (BI. 122 ff. a.a.O.) ergangen ist, Denn die Strafvollstreckungskammer hat die versäumte Prüfung der Frage der Aussetzung ohne schuldhaftes Zögern von Amts wegen nachgeholt (vgl. hierzu S/S-Stree, StGB, 27_ Aufl., § 67 e Rdnr. 6).

b)

Zu beanstanden ist indes, dass die Strafvollstreckungskammer den Gutachter Prof. Dr. T. nicht zu seinem Gutachten vom 10, Juni 2008 angehört hat, das dieser gemäß § 16 Abs. 3 MRVG-NW erstattet hat.

Zwar liegt der Fall, dass die Strafvollstreckungskammer zur Vorbereitung einer Aussetzungsentscheidung nach § 67 g Abs. 2 StGB, 463 Abs. 4 StPO ein externes Gutachten in Auftrag gegeben hat, nicht vor, da der in § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO genannte Zeitraum von fünf Jahren vollzogener Unterbringung war noch nicht abgelaufen war, so dass an sich noch keine zwingende Veranlassung zur Einholung eines externen Gutachtens bestand. In- folgedessen waren die §§ 463 Abs. 4 S. 4, 454 Abs. 2 S. 3 StPO - wonach der/die beauftragte Sachverständige mündlich anzuhören ist - nicht unmittelbar einschlägig.

Es war vorliegend aber eine entsprechende Anwendung der vorgenannten Vorschriften über die Anhörung geboten (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2009, III 4 Ws 47109).

Die Strafvollstreckungskammer hat nämlich zur Vorbereitung ihrer Prüfung, ob die Unterbringung nach §§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB zur Bewährung auszusetzen ist, gemäß § 16 Abs. 3 MRVG-NW ein externes Prognosegutachten des Prof. Dr. T. eingeholt und sich entscheidend auch auf dieses nach den Vorgaben der Rechtsprechung noch aktuelle (vgl. Bi. 143 ff. 121 f. a.a.O.) Gutachten gestützt.

Zwar wurde dieses ausweislich des Protokolls (BI, 221) weder bei der mündlichen Anhörung vom 8. April 2009 erörtert noch in dem Fortdauerbeschluss vom 21. April 2009 ausdrücklich erwähnt. Doch über die Bezugnahme der Strafvollstreckungskammer auf die gutachterliche Stellungnahme des therapeutischen Leiters der Rheinischen Kliniken Bedburg-Hau vom 12. Februar 2009 (BI. 198 ff. a.a.O.) und seines Vertreters im Termin der mündlichen Anhörung vorn 8. April 2009 (BI. 221 a.a.O.) stützte sich das Gericht in seiner Entscheidung mit zureichender Deutlichkeit auch auf dieses externe Gutachten. Denn die Klinik hat in ihrer Stellungnahme das Gutachten von Prof. Dr. T. in weiten Teilen verwertet und ihrer Bewertung zugrunde gelegt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass das externe Gutachten auch dem Verteidiger zur Kenntnis gebracht worden war und die Kammer damit zu erkennen gegeben hat, dass sie es für ihre Entscheidung daher auch heranzuziehen gedenke.

Dann aber war das erkennende Gericht auch gehalten, die Anhörungsregelung des § 454 Abs. 2 S. 3 StPO anzuwenden, den Sachverständigen anzuhören und hierbei den Beteiligten "Gelegenheit zur Mitwirkung' zu geben, sich also insbesondere zu der Frage zu erklären, ob sie auf die Anhörung des Sachverständigen verzichteten (§ 454 Abs. 3 S. 4 StPO).

Das hat die Kammer aber nicht getan und es bei der - hierfür unzureichenden - Anhörung des Vertreters der Klinik belassen.

Ein allseitiger Verzicht auf die mündliche Anhörung des Sachverständigen, § 454 Abs. 2 S. 4 StPO, ist in den Akten nicht belegt. Vielmehr hat insbesondere der anwaltliche Bevollmächtigte des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 13. März 2009 (Bl. 208 a.a.O.) erklärt, nicht auf die mündliche Anhörung des MRVG-Sachverständigen Prof. Dr. T. verzichten zu wollen.

Nach alledem hat sich die Strafvollstreckungskammer, in dem sie ohne Anhörung des Gutachters entschieden hat, ihrer Ver...

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