Leitsatz (amtlich)

1. Wurde der Versicherungsnehmer einer im Policenmodell geschlossenen Lebensversicherung anlässlich einer Vertragsänderung ordnungsgemäß belehrt, wird hierdurch die unwirksame Belehrung zum Ausgangsvertrag geheilt.

2. Die dem Vertrag beizufügenden Verbraucherinformationen müssen nicht gesondert erteilt, sondern können auch in die Versicherungsbedingungen integriert werden.

3. Die Höhe der herauszugebenden Nutzungen ist vom Versicherungsnehmer unter Bezugnahme auf die Geschäftsberichte der Versicherung konkret darzulegen, eine sekundäre Darlegungslast der Versicherung, ihm die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, besteht grundsätzlich nicht.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1699/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsprämien sowie Nutzungen in Höhe von weiteren 11.592,62 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB dem Grund und der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.

1. Nach § 5a VVG a.F. gilt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat, der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter Frist widerspricht (sog. Policenmodell). Gemäß § 5a Absatz 1 und 2 VVG in der hier maßgeblichen Fassung vom 21.7.1994 (gültig vom 29.7.1994 bis 31.7.2001) betrug die Widerspruchsfrist 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F., wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.

a) Der Kläger hat unstreitig den Versicherungsschein nebst Nachtrag vom Dezember 1995 sowie die von der Beklagten als Anlagen B1 und B2 vorgelegten Unterlagen erhalten. Damit hat der Kläger auch die Widerspruchsbelehrung erhalten, die in den Nachtragsunterlagen mit enthalten waren. Hierauf verweist auch die Widerrufsbelehrung (Anlage B2).

Es kann daher dahinstehen, ob die im Antragsformular vom 17.11.1994 enthaltene Widerspruchsbelehrung drucktechnisch ausreichend hervorgehoben i.S.v. § 5a Abs. 2 VVG a.F. war. Auf die ursprüngliche Widerspruchsbelehrung im Jahr 1994 kommt es nicht an, nachdem der Kläger mit der Beklagten im Jahr 1995 eine wesentliche Ergänzung und Änderung des Vertrages vereinbart und die Beklagte dem Kläger in diesem Zusammenhang ordnungsgemäß belehrt hat. Durch die Erhöhung der Versicherungssumme und -prämien nebst Verlängerung der Vertragslaufzeit ist eine Vertragsänderung entsprechend einem Neuabschluss vorgenommen worden (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Januar 2019 - 11 U 10/18 -, Rn. 25 - 31, juris).

b) Jedenfalls wurde der Kläger durch die im Dezember 1995 im Nachtrag zum Versicherungsschein enthaltene schriftliche Widerspruchsbelehrung, die auf einem gesonderten Blatt enthalten ist, in formeller und materieller Hinsicht ausreichend über sein Widerspruchsrecht belehrt. Der mit der Überschrift "Widerspruchsbelehrung" im Fettdruck versehene Text war, wie das Landgericht bereits ausgeführt hat, ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Die Widerspruchsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden, da sie zusätzlich den zu diesem Zeitpunkt geltenden Gesetzestext wiedergibt. Zwar ist der Widerspruchsadressat nicht benannt worden. Das ist nach § 5a Abs. 2 VVG a.F. aber auch nicht erforderlich gewesen. Außerdem wird ein durchschnittlicher verständiger Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass er den Widerspruch an seinen Vertragspartner, d. h. das Versicherungsunternehmen zu senden hat. Die Beklagte hat auch sowohl im Anschreiben an den Kläger als auch in den Verbraucherinformationen sich deutlich als Ver...

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