Leitsatz (amtlich)

Die Pflicht des Eigentümers zur ausreichenden Beleuchtung des Zugangs zu seinem Grundstück beginnt als Ausprägung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht wie diese regelmäßig dann, wenn mit dem Einsetzen des „allgemeinen Verkehrs” – also grundsätzlich nicht vor 07:00h morgens – gerechnet werden kann. Dies gilt auch im Verhältnis zu Zeitungszustellern in den frühen Morgenstunden, sofern nicht der Zeitungsverlag und der Eigentümer als sein Kunde insofern bestimmte Sonderregelungen getroffen haben.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 25.07.2003; Aktenzeichen 8 O 355/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.7.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 7.000 Euro.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des LG (LG Hannover, Urt. v. 25.7.2003 – 8 O 355/02) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Annahme des LG, es sei nicht bewiesen, dass der Kläger tatsächlich auf der Hauseingangstreppe der Beklagten gestürzt sei und sich dabei verletzt habe. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger einerseits Parteivernehmung angeboten und sich andererseits auf die Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin berufen hatte. Das LG habe zudem die zeitlichen Grenzen der Verkehrssicherungspflicht verkannt; eine solche Pflicht setze nicht erst um 07:00 Uhr morgens ein; es sei vielmehr davon auszugehen, dass bereits um 04:00 Uhr, da zu diesem Zeitpunkt üblicherweise Tageszeitungen ausgeliefert würden, die Verkehrssicherungspflicht einsetze. Für die Ursächlichkeit der Dunkelheit für den Sturz des Klägers würde zudem ein Beweis des ersten Anscheins streiten. Schließlich sei dem Kläger der Vorwurf eines Mitverschuldens nicht zu machen; ihn treffe keine Pflicht, beim Austragen der Zeitung ständig eine Taschenlampe bei sich zu führen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden – letzterer, soweit er nach der letzten mündlichen Verhandlung entsteht – aus dem Unfall vom 31.8.2000 gegen 04:30 Uhr auf dem Hausgrundstück der Beklagten zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

II. Die Berufung ist unbegründet; zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen.

Die zwischen den Parteien streitigen Fragen, ob der Kläger tatsächlich auf der Treppe zum Wohnhaus der Beklagten gestürzt ist und ob die Dunkelheit in diesem Bereich ursächlich für den Sturz des Klägers war, brauchen nicht geklärt zu werden, da die Beklagten nicht der Vorwurf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung trifft.

Zwar trifft es im Grundsatz zu, dass der Hauseigentümer als Verkehrssicherungspflichtiger die Begehbarkeit des vom Bürgersteig zum Hauseingang führenden Weges sicherstellen muss (vgl. BGH VersR 1977, 431), wozu einerseits im Winter das Räumen des Weges sowie ggf. das Streuen gehört und andererseits die ausreichende Beleuchtung des Weges. Der Umfang dieser Verkehrssicherungspflicht besteht jedoch nicht „rund um die Uhr”, sondern hängt vom Bedürfnis der Verkehrsteilnehmer ab. In zeitlicher Hinsicht kann angenommen werden, dass die Verkehrssicherungspflicht am Morgen beginnt, wenn der allgemeine Verkehr einsetzt (zu den zeitlichen Grenzen der Streupflicht eines Wohnraumvermieters vgl. etwa OLG Düsseldorf vom 20.6.2000 – 24 U 143/99, OLGReport Düsseldorf 2001, 263 [264 li. Sp.]). Außerhalb dieser allgemeinen Verkehrsstunden besteht nämlich kein Vertrauensschutz des Teilnehmers am allgemeinen Verkehr, weil dies für den Verkehrssicherungspflichtigen zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Zum Zeitpunkt des vom Kläger behaupteten Vorfalls – 04:30 Uhr morgens – hatte aber der allgemeine Verkehr noch nicht eingesetzt. Denn vom allgemeinen Verkehr kann man regelmäßig erst ab ca. 07:00 Uhr morgens sprechen. Dass dies auf dem Grundstück der Beklagten am Vorfallstag anders gewesen sein sollte, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies sonst dem Senat ersichtlich.

Zwar verkennt der Senat nicht, dass es regelmäßig für den Verkehrssicherungspflichtigen durchaus beschwerlicher sein wird, in den frühen Morgenstunden die Wege auf bzw. zu seinem Grundstück von Schnee und Eis freizuhalten, da er dies i.d.R. nur durch den persönlichen Einsatz in den frühen Morgenstunden wird gewährleisten können, wohingegen eine ausreichende Beleuchtung der Zuwegung nicht vorauss...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge