Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfung einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Unabhängigkeit des Treuhänders ist keine von den Zivilgerichten zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung gemäß § 203 Abs. 2 VVG.

Die Mitteilung der Gründe einer Prämienanpassung genügt jedenfalls dann den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG, wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, und die wesentlichen Kriterien, die deren Höhe beeinflusst haben, benennt.

 

Normenkette

VVG § 203 Abs. 2, 5

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Entscheidung vom 22.01.2018; Aktenzeichen 2 O 221/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Januar 2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit einer zum 1. Januar 2016 erfolgten Prämienerhöhung in seiner privaten Krankenversicherung.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten zur Versicherungsnummer ... seit Juni 2002 eine private Krankheitskostenversicherung. Diese umfasst neben weiteren Tarifen den Tarif ... für ambulante und stationäre Heilbehandlung. Dem Vertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (Vertragsgrundlage 400) zugrunde, die aus den Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 2009) und den Tarifbedingungen der Beklagten (TB 2009) bestehen. § 8b MB/KK 2009 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 8b Beitragsanpassung

(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z. B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepaßt. ...

(2) ...

(3) Beitragsanpassungen sowie Änderungen von Selbstbeteiligungen und evtl. vereinbarten Risikozuschlägen werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung des Versicherungsnehmers folgt."

Nr. 27 TB 2009 lautet wie folgt:

"Nr. 27 Überprüfungseinheiten und Anpassungsfaktor

Der in § 8b Abs. 1 Satz 3 MB/KK 2009 festzulegende Vomhundertsatz beträgt für die diesen Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugrunde liegenden Tarife für die Versicherungsleistungen 10% und für die Sterbewahrscheinlichkeit 5%, soweit im Tarif nichts anderes bestimmt ist."

Die Tarifbeschreibung ... (Vertragsgrundlage 395) enthält keine davon abweichenden Festlegungen. Die monatliche Prämie für den Tarif ... betrug nach einer Prämienerhöhung zum 1. Januar 2012 einschließlich des gesetzlichen Zuschlags und eines vereinbarten Risikozuschlags von jeweils 10 % zunächst 466,57 EUR, die Gesamtprämie für alle Tarife (einschließlich Zahnkosten- und Pflegepflichtversicherung) 565,22 EUR. Wegen weiterer Einzelheiten des Vertragsverhältnisses wird auf den Versicherungsschein vom 6. Juni 2016 und auf die Versicherungsbedingungen (Anlagen K 1 und K 2, im Anlagenband Kläger) Bezug genommen.

Im Jahr 2015 übermittelte die Beklagte dem Treuhänder K. unter anderem eine Gegenüberstellung der erforderlichen und kalkulierten Leistungen für das Jahr 2014, den Rahmengeschäftsplan Technik (RGT) in der Fassung der Änderung Nr. T 19 sowie die Technischen Berechnungsgrundlagen (TB) für den Tarif VITAL in der Fassung der Änderung Nr. T 12 und beantragte mit Schreiben vom 5. August 2015 die Zustimmung zu einer beabsichtigten Prämienanpassung im Tarif ... zum 1. Januar 2016. Der Treuhänder K. erteilte am 11. August 2015 und nochmals am 22. Oktober 2015 die Zustimmung zu den Änderungen der Technischen Berechnungsgrundlagen sowie am 30. November 2015 die Zustimmung zur Prämienanpassung. Wegen der Einzelheiten der dem Treuhänder übermittelten Unterlagen und der Zustimmungserklärungen wird auf die entsprechenden Teile des Anlagenkonvoluts BLD 1 (im Anlagenordner Beklagte) sowie auf die Anlage K 6 (im Anlagenband Kläger) Bezug genommen.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein von November 2015 t...

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