Leitsatz (amtlich)

1. Die Anforderungen an den Inhalt der Mitteilung der maßgeblichen Gründe nach § 203 Abs. 5 VVG sind erfüllt, wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Überprüfung des Tarifs und in deren Folge die Anpassung der Prämie ausgelöst hat, nennt und klar und unmissverständlich deutlich wird, dass die Anpassung der Prämie des konkret streitigen Tarifs auf der Änderung der genannten Rechnungsgrundlage über dem geltenden Faktor beruht.

2. Einer zahlenmäßigen Angabe des auslösenden Faktors bedarf es ebenso wenig wie die Mitteilung der Faktoren, deren Veränderung Einfluss auf die Höhe der konkreten Prämienanpassung haben.

3. Der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch entspricht der Höhe nach der Summe der zu Unrecht gezahlten Prämien.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 23 O 305/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.12.2020; Aktenzeichen IV ZR 294/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen das am 29.08.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 23 O 305/17 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Krankenversicherung, Versicherungsschein Nr.: 4922560108, in den nachfolgenden Zeiträumen nicht wirksam geworden sind und der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet ist:

a) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif ECORA 1300 die Erhöhungen zum 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 um 79,00 EUR und zum 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 um weitere 98,00 EUR.

b) in der Krankheitskostenversicherung zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif 541 die Erhöhung zum 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 um 16,71 EUR.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.797,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2017 aus 3.473,04 EUR, im Übrigen seit dem 26.04.2018 (Rechtshängigkeit der Klageerweiterung) zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a) dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter Ziffer 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat;

b) die nach 3. a) gezogenen Nutzungen, soweit sie die Beiträge für die Versicherungsjahre 2015 und 2016 betreffen, ab dem 13.01.2017, die darüber hinausgehenden Nutzungen ab dem 26.04.2018 (Rechtshängigkeit der Klageerweiterung) in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 21 % und die Beklagte zu 79 %.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers. Streitig sind Beitragserhöhungen

im Tarif ECORA1300 zum 01.01.2015 (79,00 EUR)

zum 01.01.2016 (98,00 EUR)

zum 01.01.2017 (61,06 EUR) sowie

im Tarif 541 zum 01.01.2015 (16,71 EUR).

Der am 21.07.1954 geb. Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.12.1992 privat krankenversichert. Seit dem 01.01.2011 unterhält er unter anderem den Tarif ECORA 1300 und eine Zusatzversicherung für zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif 541. Wegen der Einzelheiten wird auf den Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2014 (Bl. 20), aus November 2015 (Bl. 21) und aus November 2016 (Bl. 261) verwiesen.

Die für die streitgegenständlichen Prämienerhöhungen maßgeblichen Zustimmungen wurden durch den Treuhänder Dipl.-Math. K erteilt. Die Beklagte hatte am 08.10.2014 mit dem Treuhänder K eine Vereinbarung getroffen.

Die Beklagte teilte dem Kläger die Prämienerhöhungen zum 01.01.2015 mit Schreiben aus November 2014 nebst Anlagen (Anlagenkonvolut BLD 3), zum 01.01.2016 mit Schreiben aus November 2015 nebst Anlagen (Anlagenkonvolut BLD 4) und zum 01.01.2017 mit Schreiben aus November 2016 nebst Anlagen (Anlagenkonvolut BLD 14) mit. Auf den Inhalt der vorgenannten Schreiben nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2016 (Anlage K10, Bl. 29 f.) ließ der Kläger gegenüber der Beklagten erklären, dass er die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig halte und forderte die Rückzahlung der nach seiner Ansicht zu jenem Zeitpunkt in Höhe von 2.388,00 EUR zu viel gezahlten Prämien bis zum 19.12.2016. Mit weiterem Schreiben vom 20.12.2016 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers auch die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bis zum 28.12.2016 (Anlage K3, Bl. 22 d. A.). Die Beklagte wies die Ansprüche zurück.

In der dem Kläger am 06.11.2017 zugestellten Klageerwiderung (Bl. 104 ff.) hat die Beklagte die Prämienerhöhungen zum 01.01....

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