Entscheidungsstichwort (Thema)

Leitungswasserschaden bei leer stehendem Gebäude

 

Leitsatz (amtlich)

1. Tritt der Erwerber nach § 69 VVG in ein bestehendes Versicherungsverhältnis ein, so gilt der alte Vertrag mit den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen unverändert fort. Diese müssen dem Erwerber nicht erneut vom Versicherer zur Verfügung gestellt werden.

2. Entleert der Versicherungsnehmer in einem leer stehenden Gebäude die wasserführenden Leitungen nicht und kommt es zu einem Rohrbruch mit Leitungswasserschaden, so kann sich eine Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verstoßes gegen die Obliegenheit des § 11 Nr. 1c) VGB 88 ergeben.

3. Diese für ungenutzte Gebäude geltende Regelung des § 11 Nr. 1c) VGB 88 geht als Spezialregelung dem § 11 Nr. 1d) hinsichtlich der Obliegenheit zur Entleerung der Rohre oder zur ausreichenden Beheizung und Kontrolle in der kalten Jahreszeit vor.

 

Normenkette

VGB 88 § 11; VVG §§ 6, 69

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 10.11.2006; Aktenzeichen 13 O 173/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10.11.2006 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung

gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung wegen eines Leitungswasserschadens vom 15.1.2006 geltend.

Am 30.4.2005 erwarb der Kläger von einer Erbengemeinschaft das Hausgrundstück S. Str ... in G., das seit dem Jahr 2003 leer stand (Bl. 163 d.A.). Seitens der Voreigentümer bestand bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung, der die VGB 97 zugrunde liegen (Bl. 35-42 d.A.). Diese bestimmen in § 11 u.a.:

"1. Der Versicherungsnehmer hat ...

c) nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten,

d) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten,

2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine dieser Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe von § 6 VVG zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. ...

Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht."

Durch die Voreigentümer war die Prämie noch bis Mai 2006 bezahlt worden. Das Gebäude stand auch nach Besitzübergang auf den Kläger am 15.6.2005 leer. Eine Entleerung der Wasserleitungen erfolgte nicht. Im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen wurde der Kläger am 25.8.2005 (Bl. 214 f. d.A.).

Die für die Beklagte als Agentin tätige S. Versicherungen GmbH wies den Kläger mit Schreiben vom 9.6.2005 darauf hin, die Gebäudeversicherung sei nach § 69 VVG automatisch auf ihn als Erwerber übergegangen (Bl. 34 d.A.). Ferner bot sie an, die Verträge nach den Wünschen des Klägers neu zu gestalten. Am 28.6.2005 übersandte die Agentin dem Kläger unter Bezugnahme auf ein geführtes Telefonat zwei Angebote für eine eventuelle Neuordnung der Gebäudeversicherung (Bl. 33 d.A.). Ferner wies sie darauf hin, sie habe zunächst veranlasst, dass der Vertrag in unveränderter Form auf den Kläger umgeschrieben werde. Zu einer Annahme der Angebote seitens des Klägers kam es nicht. Mit Schreiben vom 5.7.2005 teilte die Beklagte dem Kläger den Übergang der bestehenden Wohngebäudeversicherung auf ihn nach § 69 VVG mit und erklärte, er erhalte mit separater Post ein auf seinen Namen ausgestelltes Dokument sowie die Versicherungsbedingungen (Bl. 16 d.A.). Durch weiteres Schreiben vom 5.7.2005 übersandte die Beklagte dem Kläger zumindest den Versicherungsschein (Bl. 17 d.A.).

Am 15.1.2006 wurde in dem Gebäude ein Wasserschaden entdeckt, weil sich an einem Waschbecken im Dachgeschoss die Verbindungsmuffe zwischen Kaltwasserleitung und Eckventil gelöst hatte. Das ausgetretene Leitungswasser breitete sich im gesamten Haus aus, was zu Durchfeuchtung und später Schimmelbildung führte.

In einer vom Kläger unterschriebenen Verhandlungsniederschrift anlässlich eines Gesprächs zwischen ihm und dem Schadensbeauftragten B. der Beklagten vom 18.1.2006 heißt es u.a. (Bl. 90 d.A.):

"... Eine Nutzung des Gebäudes erfolgte nach Kauf wegen der geplanten Renovierung zunächst nicht. Ich hielt mich auch nur gelegentlich z.B. für Baubesprechungen in dem Gebäude auf. Zuletzt war ich nach meiner Erinnerung im Spätsommer bzw. Herbst 2005 in dem Gebäude. Außer mir hat der Architekt noch einen Schlüssel, wann dieser zuletzt in dem Haus war, kann ich aber nicht sagen. Eine offizielle Kontrollaufgabe über das Haus wurde dem Architekten aber nicht erteilt. Ein Nach...

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