Leitsatz (amtlich)

Nach der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren ist eine Fortsetzung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht mehr möglich, selbst wenn die Gesellschaft im Handelsregister noch nicht gelöscht ist.

 

Normenkette

GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 4; InsO § 200; FamFG § 394 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 12.11.2010; Aktenzeichen 81 AR 1515/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 30.11.2010 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG Hannover - Registergericht - vom 12.11.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert der Beschwerde: EUR 50.000.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil das Registergericht die begehrten Eintragungen zu Recht versagt hat.

1. Der Alleingesellschafter der D. GmbH in Auflösung hat am 29.4.2010 beschlossen, die Gesellschaft fortzusetzen. Am 29.7.2010 hat er beschlossen, das Stammkapital der Gesellschaft zu erhöhen, die Firma in D. P. GmbH zu ändern, den Sitz von Hx. nach Hy. zu verlegen und den Gegenstand des Unternehmens zu ändern. Über das Vermögen der D. GmbH war zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet, welches nach der Beendigung der Schlussverteilung aufgehoben worden ist (§ 200 InsO). Nach der Schlussverteilung ist eine Fortsetzung der nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelösten Gesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen, so dass es unerheblich ist, dass die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister noch nicht vollzogen ist (h.M., vgl. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner, GmbHG, § 60 Rz. 76 mit weiteren Nachweisen). Dies folgt einerseits aus dem Gesetzeswortlaut, der nur in zwei Ausnahmefällen die Fortsetzung einer Gesellschaft nach deren Insolvenz zulässt, nämlich bei der Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Schuldners oder der Bestätigung eines Insolvenzplanes, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Es ist auch auf die vergleichbare Regelung des § 274 Abs. 1 S. 1 AktG für die Aktiengesellschaft zu verweisen, nach der ein Fortsetzungsbeschluss bereits dann nicht mehr wirksam getroffen werden kann, wenn mit der Vermögensverteilung begonnen worden ist. Hier ist diese sogar - auch der Sicht des Insolvenzverfahrens - bereits abgeschlossen. Diese Zäsur der Vermögensverteilung ist so bedeutsam und erweckt den Anschein der Beendigung, dass eine Fortsetzung der Gesellschaft durch schlichten Fortsetzungsbeschluss und dessen Eintragung ohne die bei einer wirtschaftlichen Neugründung erforderliche Registerkontrolle nach §§ 7,8 GmbHG nicht möglich ist (vgl. im Ergebnis ebenso für die Aktiengesellschaft Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 274 Rz. 6). Etwas anderes kann auch nicht aus der Regelung des § 394 Abs. 1 S. 2 FamFG abgeleitet werden, die nur die Voraussetzungen der Löschung der Gesellschaft von Amts wegen betrifft, nicht aber die Frage einer Fortsetzungsfähigkeit der Gesellschaft.

Dafür, dass auch der Gesetzgeber grundsätzlich von der Unzulässigkeit der Fortsetzung nach Insolvenz ausgegangen sein dürfte, spricht auch, dass gesetzliche Regelungen z.B. darüber, ob das im Normalfall aufgezehrte Stammkapital nochmals einzuzahlen ist und ob und ggf. wodurch die Befriedigung der im Insolvenzverfahren ungedeckt gebliebenen Gläubigeransprüche nachgewiesen werden muss, nicht getroffen wurden.

2. Aber auch materiell-rechtliche Gründe verbieten hier die Fortsetzung der Gesellschaft. Wenn das Insolvenzverfahren nicht eingestellt, sondern nur aufgehoben wird, weil nach der Schlussverteilung durch den Insolvenzverwalter davon ausgegangen wird, dass das Gesellschaftsvermögen vollständig verteilt und kein Restbestand mehr vorhanden ist, scheidet eine Fortsetzung aus, weil zuvor bereits eine faktische "Beendigung" infolge der vollständigen Verteilung des Gesellschaftsvermögens erfolgt ist und kein Bedürfnis dafür besteht, die Fortsetzung einer Gesellschaft zuzulassen, deren Gesellschafter ein Insolvenzverfahren mit einem negativen Ende nicht verhindert haben. Könnte eine solche Gesellschaft fortgesetzt werden und sogar, wie hier von der Antragstellerin begehrt, die Eintragung der Kapitalerhöhung von EUR 25.600 auf EUR 50.600 (bei Einzahlung von nur 25.000 EUR) im Handelsregister erreicht werden, käme es zu einer mit dem Schutzbedürfnis der Gesellschaftsgläubiger unvereinbaren Irreführung. Das ursprüngliche Stammkapital ist nicht mehr vorhanden. Im Fall einer Fortsetzung der Gesellschaft könnten alle Gläubiger, deren Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens unbefriedigt geblieben sind, ihre Ansprüche weiterhin aus dem Vermögen der Gesellschaft, insbesondere auch dem neu eingezahlten Kapital, befriedigen. Dadurch dürfte das Stammkapital von vornherein angegriffen sein, so dass - entgegen dem durch die begehrte Handelsregistereintragung erweckten Eindruck - tatsächlich das Stammkapital in Gänze als freies Vermögen für Neugläubiger nicht zur Verfügung stehen dürfte. Ggf. könnte auch sogleich Insolvenzreife gegeben sein.

3. Die Frage, ob ausnahmsweise eine For...

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