Leitsatz (amtlich)

Der Einwand, dass die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsschuldners einen im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren geltend gemachten Unterhaltsbedarf von mehr als 100 % des Mindestunterhalts nicht rechtfertigen, stellt keinen zulässigen Einwand zur Unterhaltshöhe i.S.v. § 252 Abs. 1 Satz 3 FamFG, sondern einen materiell-rechtlichen Einwand i.S.v. § 252 Abs. 2 FamFG dar. er kann deshalb nicht erstmals im Beschwerdeverfahren angebracht werden.

 

Normenkette

FamFG §§ 252, 256

 

Verfahrensgang

AG Celle (Beschluss vom 09.06.2011; Aktenzeichen 40 FH 45024/11)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - C. vom 9.6.2011 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

II. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen. Insoweit ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

III. Beschwerdewert: 5.791 EUR.

 

Gründe

I. Die Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss ist gem. § 58 FamFG statthaft. Im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, weil es teilweise unzulässig und teilweise unbegründet ist.

1. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, wenn und soweit sie nicht auf einen der zulässigen Beschwerdegründe (§ 256 FamFG) gestützt wird. Gemäß § 256 FamFG kann mit der Beschwerde neben der Unzulässigkeit des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens (§ 252 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FamFG), einer unrichtigen Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Höhe (§ 252 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 FamFG) und einer Unrichtigkeit der Kostengrundentscheidung (§ 252 Abs. 1 Satz 2 FamFG) oder Kostenfestsetzung lediglich geltend gemacht werden, dass das AG die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG unrichtig beurteilt habe. Wird eine Beschwerde nicht auf einen oder mehrere dieser Anfechtungsgründe gestützt, ist sie unzulässig (BGH Beschl. v. 28.5.2008 - XII ZB 104/06, FamRZ 2008, 1433 [Tz. 6]).

a) Im vorliegenden Fall kann der Antragsgegner seine Beschwerde insbesondere nicht auf zulässige Einwendungen zum Zeitraum und zur Höhe der Unterhaltsberechnung stützen.

aa) Einwendungen zum Zeitpunkt (§ 252 Abs. 1 Satz Nr. 2 FamFG) sind den Beteiligten nur im Hinblick darauf eröffnet, in welchem Umfang rückständiger Unterhalt verlangt werden kann. Dem Schuldner wird somit im Verfahren der Beschwerde (lediglich) der Einwand ermöglicht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, unter denen nach § 1613 BGB Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann, tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt vorgelegen haben, als er dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss zugrunde gelegt worden ist, weil der Schuldner entweder nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als behauptet gemahnt oder zur Auskunftserteilung aufgefordert worden ist (BGH Beschl. v. 28.5.2008 - XII ZB 104/06, FamRZ 2008, 1433 [Tz. 12]). Einen solcherart zulässigen Einwand erhebt der Antragsgegner nicht, weil es letztlich nicht im Streit steht, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung rückständigen Unterhalts jedenfalls seit Oktober 2010 vorgelegen haben würden. Der Antragsgegner nimmt die Behauptung, von der Mutter der Antragstellerin telefonisch gemahnt worden zu sein, nicht in Abrede. Im Übrigen hätte es einer solchen Mahnung unter den obwaltenden Umständen möglicherweise auch gar nicht bedurft, weil der Antragsgegner selbst vorträgt, mit der Mutter der Antragstellerin eine außergerichtliche Vereinbarung über die Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. 400 EUR getroffen und diese Beträge seit 2009 durchgehend gezahlt zu haben. Soweit es im Unterhaltsfestsetzungsverfahren den Zeitraum nach einer Einstellung oder Herabsetzung dieser in der Vergangenheit freiwillig geleisteten Zahlungen betrifft, könnte eine gesonderte verzugsbegründende Handlung der Antragstellerin bzw. ihrer gesetzlichen Vertreterin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Selbstmahnung sogar entbehrlich gewesen sein (vgl. dazu OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 870 [871]).

bb) Einwendungen zur Höhe des festgesetzten Unterhalts (§ 252 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. ac FamFG) können nur im Rahmen der in dieser Vorschrift enthaltenen abschließenden Aufzählung möglicher zulässiger Beschwerdegründe vorgebracht werden. Es kann deshalb zur Höhe des festgesetzten Unterhalts nur eingewendet werden, dass der Mindestunterhalt nicht richtig berechnet oder der Übergang zwischen den Altersstufen unrichtig bestimmt worden ist. Ferner kann ein Verstoß gegen den Grundsatz 'ne ultra petita' gerügt oder die unrichtige Berücksichtigung des Kindergeldes oder anderer nach §§ 1612b, 1612c BGB anzurechnender kindbezogener Leistungen beanstandet werden. Der Antragsgegner kann deshalb insbesondere nicht mit dem Einwand gehört werden, dass der festgesetzte Unterhalt der Höhe nach von einer weiterhin bindenden außergerichtlichen Vereinbarung mit der Mutter der Antragstellerin abweiche (vgl. OLG Naumburg NJWEFER 2000, 96. Keidel/Giers FamFG 16. Aufl., ...

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