Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein pauschaler Abzug von 5 % des Nettoeinkommens für "berufsbedingten Aufwand" im Rahmen der Einkommensermittlung für PKH/VKH

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens im Rahmen der PKH-/VKH-Bewilligung besteht keine rechtliche Grundlage für einen - im Unterhaltsrecht bekannten - pauschalen Abzug i.H.v. 5 % des Nettoeinkommens für berufsbedingten Aufwand. Soweit höhere Kosten nicht konkret glaubhaft gemacht werden, können vielmehr entsprechend § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 5 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII lediglich 5,20 EUR pro Monat für Arbeitsmittel berücksichtigt werden.

 

Normenkette

ZPO § 115; SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 4; Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII § 3 Abs. 5; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 19.06.2012; Aktenzeichen 622 F 2454/12)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin gegen die die Höhe der im Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 19.6.2012 zur Zahlung auf die Verfahrenskosten angeordneten Raten; das AG hat die Ratenhöhe zutreffend entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bestimmt. Auch wenn man - was das AG in seiner Berechnung nicht getan hat - entsprechend § 3 Abs. 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 82 SGB XII einen Betrag von 5,20 EUR als pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel absetzt, führt dies zu keiner Änderung der Ratenhöhe.

Soweit die Antragstellerin demgegenüber meint, bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens seien pauschal 5 % des Nettoeinkommens für "berufsbedingte Aufwendungen" - das wären im Streitfall 104 EUR - abzusetzen, geht dies fehl. Für die Übernahme einer allein bei der Unterhaltsberechnung (und auch dort nur außerhalb eines Mangelfalles) üblichen Pauschalierung auf die an gänzlich anderen - sozialhilferechtlichen - Maßstäben orientierte Ermittlung des für die Verfahrenskosten einzusetzenden Einkommens findet sich im Gesetz keinerlei Grundlage (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt etwa Senatsbeschluss vom 13.1.2012 - 10 WF 8/12, FamRZ 2012, 1159 f. = JurBüro 2012, 206 f. = BeckRS 2012, 02005 = juris - Tz. 14 = II. 2. der Gründe).

Sie wäre zudem unvereinbar mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung von berufsbedingten Aufwendungen aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen von PKH/VKH. Dieser hat gerade ausdrücklich die Rechtsprechung (auch) des Senates bestätigt, dass im Rahmen der Ermittlung des PKH-/VKH-maßgeblichen Einkommens die berufsbedingten Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle nicht - wie allerdings ebenfalls im Unterhaltsrecht üblich - mit grundsätzlich 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer, sondern entsprechend § 3 Abs. 6 Nr. 2a der DVO zu § 82 SGB XII mit monatlich 5,20 EUR pro Entfernungskilometer zu bemessen sind (vgl. BGH - Beschl. v. 13.6.2012 - XII ZB 658/11 - juris). Der BGH hat in diesem Zusammenhang insbesondere auch darauf abgestellt, dass sich der im Rahmen der PKH-/VKH maßgebliche - sozialhilferechtliche - Einkommensbegriff grundlegend von demjenigen - unterhaltsrechtlichen - des BGB unterscheidet und familienrechtliche Grundsätze daher nicht unbesehen auf den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff übertragen werden können (vgl., a.a.O., Tz. 20). Vielmehr gibt die DVO zu § 82 SGB XII schon nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung den Gerichten einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Freibetrages (vgl., a.a.O., Tz. 19 m.w.N.).

Die besagte DVO definiert in Abs. 4 Satz 1 die beachtlichen berufsbedingten Aufwendungen, zu denen neben den Fahrtkosten (Nr. 2), den Beiträgen für Berufsverbände (Nr. 3) und Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsfühung (Nr. 4) noch die Aufwendungen für Arbeitsmittel (Nr. 1) gehören. Die DVO enthält in § 3 Abs. 5 aber gerade auch hinsichtlich der Aufwendungen für Arbeitsmittel eine abschließende und von den unterhaltsrechtlichen Gepflogenheiten deutlich abweichende Regelung. Danach kann, wenn nicht im Einzelfall höhere Aufwendungen nachgewiesen werden, insofern ein monatlicher Pauschalbetrag von 5,20 EUR berücksichtigt werden. Über diesen Betrag hinaus kommt im Rahmen der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens für die Bewilligung von PKH/VKH eine pauschalierte Berücksichtigung für berufsbedingten Aufwand nicht in Betracht.

 

Fundstellen

AGS 2012, 478

FF 2012, 378

FamFR 2012, 396

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