Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussichtliche Kosten der Prozessführung bei fehlender Grundlage für Anwaltsbeiordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Liegen die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung im Rahmen einer begehrten PKH- (VKH-) Bewilligung nicht vor, so ist für die Höhe der von der Partei (dem Beteiligten) für die Prozessführung (Verfahrensführung) voraussichtlich aufzubringenden Kosten i.S.v. § 115 Abs. 4 ZPO allein auf die eigenen Gerichtskosten abzustellen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 17.11.2011; Aktenzeichen 627 F 4945/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten und 1. und 2. sind die Eltern des am 2000 geborenen K. S. W.; die elterliche Sorge für K. war durch amtsgerichtlichen Beschluss vom 9.4.2011 dahin geregelt worden, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein der Kindesmutter übertragen wurde und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge blieb.

Mit am selben Tage beim AG eingegangenen Schriftsatz vom 17.10.2011 begehrt der Kindesvater in Abänderung der Regelung vom 8.4.2011 die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes nunmehr allein auf sich. Dazu macht er geltend, K. habe, wie auch in einem beigefügten, an die zuständige Amtsrichterin gerichteten Schreiben bestätigt, ausdrücklich den Wunsch geäußert, in den Haushalt des Kindesvaters zu wechseln; eine außergerichtliche Kontaktaufnahme mit der Kindesmutter dazu hatte vorab nicht stattgefunden. Zugleich sucht der Kindesvater für das Verfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten nach.

Das AG hat das örtliche Jugendamt beteiligt und der Kindesmutter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Begehren des Antragsstellers gegeben.

Die - im vorliegenden Verfahren nicht anwaltlich vertretene - Kindesmutter hat daraufhin mitgeteilt, sie habe K. hinsichtlich seines - ihr gegenüber bislang weder von ihm selbst erklärten noch von Seiten des Kindesvater mitgeteilten - Wunsches auf einen aktuellen Aufenthaltswechsel angesprochen. Da K. ihr gegenüber diesen Wunsch bestätigte, habe sie dem - am 3.11.2011 auch bereits tatsächlich erfolgten - dauerhaften Wechsel in den Haushalt des Kindesvaters zugestimmt. Sie regt zugleich an, eine abschließende Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht selbst erst nach einiger Zeit zu treffen.

Das Jugendamt hat in seiner schriftlichen Stellungnahme den geschilderten Aufenthaltswechsel bestätigt, die Situation im Haushalt des Kindesvaters dargestellt und ausführlich über seine - getrennt durchgeführten - Gespräche mit den Eltern berichtet.

Mit Beschluss vom 17.11.2011 hat das AG, das bereits zuvor darauf hingewiesen hatte, dass es die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung nicht als gegeben ansehe, dem Antragsteller die nachgesuchte VKH versagt; dabei hat es darauf abgestellt, dass die von ihm zur Verfahrensführung voraussichtlich aufzubringenden Kosten, die das AG mit 178 EUR annimmt, die Summe von vier der von ihm nach seinen maßgeblichen Einkünften i.H.v. 75 EUR zu leistenden Raten auf die Verfahrenskosten nicht übersteigt.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers, der geltend machen will, bei den von ihm aufzubringenden Kosten seien auch die sich bei einem Verfahrenswert von 3.000 EUR auf 586,08 EUR belaufenden Kosten seines Verfahrensbevollmächtigten zu berücksichtigen.

Das AG hat mit ergänzender Begründung der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Die zulässige Beschwerde kann in der Sache keinen Erfolg haben.

Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass im Streitfall der gem. § 76 Abs. 1 FamFG entsprechend anwendbare § 115 Abs. 4 ZPO einer VKH-Bewilligung durchgreifend entgegensteht.

1. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen der begehrten - und im Hinblick auf die Voraussetzungen nach § 114 ZPO grundsätzlich bewilligungsfähigen - VKH nicht vor.

Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt für ein Verfahren betreffend die von vornherein zwischen den Kindeseltern einvernehmliche und dem ausdrücklichen Kindeswillen entsprechende Änderung der elterlichen Sorge regelmäßig mangels Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Beiordnung eines Anwaltes im Rahmen bewilligter VKH nicht in Betracht (OLG Celle vom 12.11.2010 - 10 WF 358/10, FamRZ 2011, 388 = MDR 2011, 367 = juris). Eine derartige Situation liegt im Streitfall vor, wobei sich eine Abweichung auch nicht allein daraus ergeben kann, dass die Kindesmutter vom Antragsteller nicht - wie geboten - vorab über den aktuellen Wunsch de Sohnes informiert worden ist, sondern erst durch die Zustellung des Antrages davon erfahren hat. Der genannte Befund wird noch dadurch unterstrichen, dass auch vom Antragsteller selbst keine weiteren Gesichtspunkte für die Notwendigkeit einer Antwaltsbeiordnung geltend gemacht werden und sich die Antragsgegnerin ihrerseits im vorliegenden Verfahre...

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