Nachgehend

OLG Hamm (Beschluss vom 27.01.1983; Aktenzeichen 4 REMiet 1/83)

 

Gründe

Die Klägerin vermietete den Beklagen und seiner Ehefrau mit Vertrag vom 26. Februar 1969 eine Vierzimmerwohnung. In § 23 des Formularmietvertrags heißt es:

›Personenmehrheit als Mieter

1. Mehrere Personen als Mieter, auch Ehegatten, haften für alle Verpflichtungen aus dem Mietvertrage als Gesamtschuldner.

2. Für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung der Vermieterin genügt es, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird.

Willenserklärungen eines Mieters sind auch für die anderen Mieter verbindlich.

3. Tatsachen, die für einen Mieter eine Verlängerung oder Verkürzung des Mietverhältnisses herbeiführen oder für oder gegen ihn einen Schadensersatz- oder sonstigen Anspruch begründen, haben für die anderen Mieter die gleiche Wirkung.‹

Das Landgericht Hannover hat dem Senat folgende Rechtsfragen vorgelegt:

›1. Ist das nur an einen von zwei Mitmietern gerichtete Mieterhöhungsverlangen der Klägerin zwar grundsätzlich wirksam, wenn es nach der im Mietvertrag enthaltenen Formularklausel (§ 23 Ziff. 2 des Vertrages) für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung genügt, daß diese gegenüber einem Mieter abgegeben wird? Muß dann aber jedenfalls im Mieterhöhungsschreiben zum Ausdruck kommen, daß die Zustimmung zur Mieterhöhung auch gegenüber dem Mitmieter begehrt wird? Ist anderenfalls das Erhöhungsschreiben unwirksam und die Zustimmungsklage auch gegen den im Schreiben bezeichneten Mieter unzulässig?

2. Ist bei Verneinung der Fragen zu 1 S. 2 und 3 das auf ein beigefügtes Gutachten eines Sachverständigen gestützte Mieterhöhungsverlangen dann unwirksam und die Klage unzulässig, wenn der Sachverständige die streitige Wohnung nicht besichtigt hat?‹

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht (Beschlußformel).

Für die Entscheidung in der vorliegenden Sache auch unter Zugrundelegung der von dem Landgericht vertretenen Auffassung kommt es auf die Beantwortung der Vorlagefragen nicht an.

Ein Mieterhöhungsverfahren nach § 2 MHG kann unter den hier gegebenen Voraussetzungen entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht gegen einen Ehegatten allein durchgeführt werden. Eine solche Aufspaltung des Mietverhältnisses ist mit der Eigenschaft der beiden Mieter als Gesamthandsschuldner und dem hierauf beruhenden Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses unvereinbar. Das an nur einen Ehegatten gerichtete Erhöhungsverlangen gäbe diesem das Sonderkündigungsrecht gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 MHG und somit die im Verhältnis der Ehegatten zueinander grundsätzlich ausgeschlossene Möglichkeit, sich ohne Einverständnis des anderen Ehegatten aus dem Mietvertrag zu lösen. Darum wird in Rechtsprechung und Schrifttum mit derselben oder mit ähnlicher Begründung überwiegend angenommen, daß das Mieterhöhungsverlangen an beide Mieter gerichtet werden muß (LG Hamburg, WuM 1976, 186; LG München, WuM 1980, 110 mit Anm. Schulz; AG Hamburg, WuM 1977,165 und 1980, 58; Staudinger/Emmerich, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 1981, 2. Bearb., § 2 MHG Rdn. 48 sowie Sternel, Mietrecht, 2.Aufl., 1979, Anm. III 145; und Barthelmess, Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz; 2. Aufl., 1980, § 2 MHG, Rdn. 53, alle mit weit. Nachw.).

Daß hier ausnahmsweise keine Gesamthandsschuldverhältnis vorliegt, ist nicht ersichtlich. Die Eheleute haben die Wohnung erkennbar als Ehewohnung gemietet und damit ihren Willen bekundet, daß das Mietverhältnis für beide denselben Inhalt haben solle. Das wird durch § 23 Nr. 1 des Mietvertrages bestätigt.

Aus § 23 Nr. 2 S. 1 aaO. ergibt sich nichts anderes. Das nur an einen Gesamthandsschuldner gemäß § 2 MHG gerichtete Erhöhungsverlangen ist kein wirksames Angebot auf Abschluß einer Vereinbarung zur Vertragsänderung. Ein unwirksames Angebot verpflichtet den Erklärungsempfänger nicht zur Annahme (Zustimmung nach § 2 Abs. 1 S. 1 MHG). Auch auf § 23 Nr. 2 S. 2 aaO. kommt es nicht an. Der Beklagte ist zur Zustimmung nicht verpflichtet. Darum ist es belanglos, ob eine als abgegeben gedachte Willenserklärung auch für den anderen Mieter verbindlich wäre.

An alledem ändert auch § 23 Nr. 1 aaO. nichts. Diese Bestimmung setzt eine bereits bestehende Verpflichtung aus dem Mietvertrag voraus.

Ob das Verlangen der Klägerin in ein Angebot auf Abschluß eines von dem Mietvertrage unabhängigen besonderen Vertrages mit dem Beklagten (§ 305 BGB) umgedeutet werden kann, stehe dahin. Der Beklagte wäre nicht verpflichtet, auf ein solches Angebot einzugehen.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es somit auf die Beantwortung der Vorlagefragen nicht an. Dabei bleibt es gleich, ob die Klage wegen der Mangelhaftigkeit des Erhöhungsverfahrens unzulässig oder unbegründet ist (vgl. hierzu Staudinger/Emmerich, aaO., Rdn. 122 und 125).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993812

DWW 1982, 185

ZMR 1982, 245

OLGZ 1982, 254

WuM 1982, 102

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