Leitsatz (amtlich)

1. Ein in einem Grundstücksübertragungsvertrag vereinbartes Wohnrecht mit Versorgungsverpflichtung macht den Vertrag noch nicht zum Altenteilsvertrag i.S.d. § 96 EGBGB.

2. Eine spätere dauerhafte Pflegebedürftigkeit des Wohnberechtigten als subjektives Ausübungshindernis rechtfertigt grundsätzlich noch keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob sich der Eintritt der Pflegebedürftigkeit für die Parteien als ein unvorhersehbarer Umstand darstellt.

3. Bei einem nur vorübergehenden subjektiven Ausübungshindernis fehlt es am Merkmal der schwerwiegenden Veränderung der Umstände, die zur Grundlage des Vertrages gemacht wurden.

4. Zur Zumutbarkeit des Eigentümers, die Vermietung der von dem Wohnberechtigten selbst nicht mehr genutzten Wohnung zu gestatten.

 

Normenkette

EGBGB § 96; AGBGB §§ 5, 15-16; BGB §§ 313, § 1090 ff.

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Urteil vom 21.02.2008; Aktenzeichen 4 O 215/07)

 

Tenor

1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.777,85 EUR festgesetzt.

2. Es wird erwogen, die Berufung der Klägerin gegen das am 21.2.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

3. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum 4.7.2008 Stellung zu nehmen.

4. Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 21.2.2008 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint nicht erforderlich. Die Berufung der Klägerin hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:

I. Das LG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der Klägerin stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf Zahlung eines monatlichen Betrages i.H.v. 303,42 EUR als Ausgleich für die nicht mehr in Anspruch genommenen Leistungen aus dem Grundstücksübertragungsvertrag vom 23.9.1986 zu. Aus diesem Grund entfällt auch eine Erstattungspflicht der Beklagten für die von der Klägerin geltend gemachten rückständigen Beträge von September 2006 bis Juni 2007 i.H.v. 3.034,20 EUR.

1. Die Beklagten haben mit dem notariellen Kaufvertrag vom 19.6.2006 die in § 3 des Grundstückübertragungsvertrages vom 23.9.1986 zugunsten der Klägerin geregelten Wohnrechts- und Versorgungsleistungen übernommen. Ein vertraglicher Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich indessen hieraus nicht. Soweit die Klägerin einen Anspruch wegen der Nichtausübung des Wohnrechts geltend macht, enthält der genannte Vertrag ausdrücklich keine Regelung für den Fall, dass die Klägerin das Wohnrecht - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr ausnutzt. Hinsichtlich der geltend gemachten Entschädigung für nicht mehr in Anspruch genommene Dienstleistungen i.H.v. 24 EUR pro Monat scheidet ein vertraglicher Anspruch bereits deshalb aus, weil in der notariellen Vereinbarung klargestellt ist, dass ein Anspruch auf dahingehende Leistungen nur besteht, solange die Klägerin in dem Haus wohnt.

2. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente aus §§ 5, 15, 16 Nds. AGBGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Gemäß § 5 Nds. AGBGB gelten die Vorschriften des Gesetzes über Altenteilsverträge nur für Schuldverhältnisse aus Verträgen nach Art. 96 EGBGB. Ein Altenteilsvertrag i.S.d. genannten Vorschrift liegt hier trotz der von der Klägerin und ihrer Tochter als ursprünglicher Übernehmerin des Grundstücks in der Vereinbarung gewählten Bezeichnung "Altenteil" für die geschuldeten Leistungen nicht vor. Der zum Zwecke vorweg genommener Erbfolge geschlossene Grundstücksübertragungsvertrag vom 23.9.1986 enthält in § 3 die Gewährung eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechts, ferner die Verpflichtung der Grundstücksübernehmerin zur Instandhaltung der Wohnung, Reinigung und Instandhaltung der Kleidung der Klägerin und Säuberung der Wohnung sowie auf Verlangen der Klägerin deren Hege und Pflege in kranken Tagen einschließlich der Beköstigung, solange die Klägerin in dem Haus wohnt. Ein Grundstücksübertragungsvertrag wird jedoch nicht dadurch zum Altenteilsvertrag, dass eine Wohnrechtsgewährung mit Versorgungsverpflichtung vereinbart wird. Hinzutreten muss, dass dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, aus dessen Nutzungen er sich eine Lebensgrundlage schaffen kann und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt zumindest teilweise gewinnen kann (ständige Rechtsprechung z.B. BGH in NJW-RR 1995, 77; BGH in NJW 2007, 1884; OLGReport Celle 2000, 63; OLGReport Celle 2008, 133). Eine solche Übertragung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage, wie sie z.B. in den "klassischen" Altenteilsverträgen mit der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betrie...

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