Leitsatz (amtlich)

1. Im selbständigen Beweisverfahren ist eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO zu treffen, wenn der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen wird.

2. Ist in dem Beschluss über die Zurückweisung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens die gem. § 91 Abs. 1 ZPO analog von Amts wegen vorzunehmende Kostenentscheidung (§ 308 Abs. 2 ZPO) unterblieben, kann diese Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 321 Abs. 1 ZPO nur aufgrund eines binnen zwei Wochen nach Zustellung (§ 321 Abs. 2 ZPO) gestellten Antrags auf Ergänzung des Kostenausspruchs nachträglich erfolgen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, §§ 321, 494a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 24.03.2010; Aktenzeichen 4 OH 8/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Hannover vom 24.3.2010 aufgehoben und der Antrag der Antragsgegnerin vom 25.2.2010 verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Hannover vom 24.3.2010 ist gem. § 99 Abs. 2 ZPO analog i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht der Senat davon aus, dass auch im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO zu treffen ist, wenn der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen wird und es daher weder einen Nachfolgeprozess gibt, in dem eine Kostenentscheidung über das selbständige Beweisverfahren getroffen werden kann, noch die Möglichkeit einer Kostenentscheidung gem. § 494a Abs. 2 ZPO eröffnet ist (OLG Celle OLGReport Celle 1995, 16; OLG Karlsruhe MDR 2000, 975, 976; OLG Koblenz MDR 2000, 478 KG KGReport Berlin 2004, 70; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rz. 13 "selbständiges Beweisverfahren"; Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 490 Rz. 5; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 91 Rz. 193). In diesem Fall besteht kein sachlicher Grund, dem mit einem unzulässigen Verfahren konfrontierten Antragsgegner eine Kostenentscheidung gem. § 91 Abs. 1 ZPO analog zu versagen. Eine Verweisung auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wäre weder prozessökonomisch noch Erfolg versprechend, da ein solcher Anspruch sehr fraglich ist (BGH, Urt. v. 7.10.1992 - III ZR 148/81, NJW 1983, 284 f.; OLG Karlsruhe MDR 2000, 975, 976).

2. Eine bei Zurückweisung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 91 Abs. 1 ZPO analog von Amts wegen vorzunehmende Kostenentscheidung (§ 308 Abs. 2 ZPO) enthält der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Hannover vom 4.1.2010 nicht. Soweit die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25.2.2010 beantragt, dem Antragsteller nach Beendigung des Verfahrens die Kosten aufzuerlegen, ist dieses Begehren als Antrag gem. § 321 Abs. 1 ZPO analog auf Ergänzung des Beschlusses vom 4.1.2010 um eine Kostenentscheidung auszulegen (vgl. zur analogen Anwendung auf Beschlüsse: BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - V ZB 109/08, NJW-RR 2009, 209 Tz. 6; OLG Celle; OLG Celle OLGReport Celle 2008, 840). Dieser Antrag war allerdings als unzulässig zu verwerfen, da die Antragsgegnerin ihn nicht innerhalb der nach § 321 Abs. 2 ZPO vorgesehenen zweiwöchigen Frist nach Zustellung der Entscheidung des LG Hannover über die Zurückweisung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gestellt hat. Der Beschluss des LG Hannover vom 4.1.2010 wurde ihr ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihres Verfahrensbevollmächtigten am 29.1.2010 zugestellt. Ihr Antrag auf Ergänzung der begehrten Kostenentscheidung ist hingegen erst am 26.2.2010 und mithin außerhalb der in § 321 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Frist beim LG eingegangen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2349394

BauR 2010, 1279

NJW-RR 2010, 1676

Info M 2010, 508

NZBau 2011, 40

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge