Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung der Vollziehungsfrist des § 324 Abs. 3 AO per Telefax

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wahrung der Vollziehungsfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 AO reicht es aus, wenn das Ersuchen der Finanzbehörde um Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch am letzten Tag der Frist per Telefax bei dem Amtsgericht eingeht, zu dem das für die Eintragung zuständige Grundbuchamt gehört. Das nicht formgerechte Ersuchen stellt kein vollstreckungsrechtliches, sondern nur ein grundbuchrechtliches Eintragungshindernis dar, das auch nach Ablauf der Vollziehungsfrist beseitigt werden kann.

 

Normenkette

AO § 324 Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts W. - Grundbuchamt - vom 12. Juli 2017 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, im Grundbuch des Amtsgerichts W. von M. Blatt 566 in Abteilung III entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1. vom 03.05.2017 eine Arresthypothek zu Gunsten des Landes S. einzutragen, und zwar in Vollzug der Ranganwartschaft aus der beim Grundbuchamt am 04.05.2017 eingegangenen Antragstellung.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 begehrt die Eintragung einer Arresthypothek.

Der Beteiligte zu 2. ist Eigentümer des im Grundbuch von M. Blatt 566, Amtsgericht W., Flur 1, Flurstück 234/22, Gebäude- und Freifläche, A., verzeichneten Grundstücks in einer Gesamtgröße von 6.538 qm.

Am 05.04.2017 ordnete der Beteiligte zu 1. gegen den Beteiligten zu 2. gemäß § 324 AO den dinglichen Arrest wegen geschuldeter Umsatzsteuer im Zeitraum 2013 - 2016 in Höhe von 1.600.000,00 EUR an und setzte die Hinterlegungssumme auf 31.119.388,86 EUR fest.

Mit Telefax vom 03.05.2017, eingegangen beim Grundbuchamt am 04.05.2017, beantragte der Beteiligte zu 1. gemäß §§ 322, 324 Abs. 3 AO i.V.m. §§ 866, 932 ZPO die Eintragung einer Arresthypothek zugunsten des Landes S. mit einem Höchstbetrag von 31.119.338,86 EUR auf dem oben bezeichneten Grundstück wegen der vorgenannten Ansprüche und bat um Verteilung der Hypothek gemäß § 867 Abs. 2 ZPO wie folgt:

Grundbuch von

Bestandsverzeichnis

lfd. Nr.

Grundstück (Lage, Band, Blatt, Gemarkung)

Schuldgrund, Zeitraum, Fälligkeit

Schuldbetrag

in EUR

M.

M., Band -, Blatt 566, Gemarkung M.

Umsatzsteuer 2013 - 2016

1.600.000,00

Das Original des Telefaxes ging am 08.05.2017 beim Amtsgericht W. - Grundbuchamt - ein.

Mit Hinweis vom 08.05.2017 beanstandete das Grundbuchamt den Ablauf der Vollziehungsfrist im Sinne des § 324 Abs. 3 AO, bat um Antragsrücknahme und stellte die Zurückweisung des Antrags in Aussicht.

Am 12.07.2017 wies das Amtsgericht W. - Grundbuchamt - den Antrag auf Eintragung einer Arresthypothek zurück. Denn die gesiegelte Urschrift des Ersuchens sei erst nach Ablauf der Vollziehungsfrist beim Grundbuchamt eingegangen. Eine Fernkopie erfülle nicht die Voraussetzungen an ein ordnungsgemäßes Ersuchen, welches mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel zu siegeln sei. Auch sei dieses Ersuchen kein reiner Antrag nach § 13 GBO, sondern ein sog. gemischter Antrag im Sinne des § 30 GBO, der somit zur Fristwahrung in der Form des § 29 GBO gestellt werden müsse.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der Beteiligte zu 1 damit begründet, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG die Übermittlung von fristwahrenden Schriftsätzen per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig sei. Das Telefax vom 03.04.2017 und das Schreiben vom 08.05.2017 seien als ein Antrag des Beteiligten zu 1. zu werten. Damit genüge der Antrag den Anforderungen von § 29 GBO und § 30 GBO.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde unter dem 30.08.2017 nicht ab.

II. 1. Die nach § 71 Abs. 1 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1, § 3 Nr. 1 Buchstabe h) RPflG statthafte Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtpflegers vom 12.07.2017 ist gemäß § 73 Abs. 1, 2 GBO zulässig.

Sie hat in der Sache Erfolg.

a) Der Senat konnte über die Beschwerde ohne Anhörung des Beteiligten zu 2. entscheiden, weil in dem streng einseitigen Eintragungsverfahren, auch wenn das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan tätig wird, nur dem Antragsteller rechtliches Gehör zu gewähren ist (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 06.03.2013 - 9 W 94/13 -, juris, Rn. 4). Der beantragten Eintragung der Arresthypothek stehen weder vollstreckungsrechtliche noch grundbuchrechtliche Eintragungshindernisse entgegen.

Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek ist nicht nur eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung (§ 866 Abs. 1 ZPO), sondern verfahrensrechtlich zugleich ein Grundbuchgeschäft. Das Grundbuchamt hat sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung eigenständig zu prüfen. Während das Fehlen vollstreckungsrechtlicher Voraussetzungen - ggf. nach Hinweis - zur Antragszurückweisung führt, sind grundbuchrechtliche Eintragungshindernisse in der Regel durch Zwischenverfügung zu beanstanden und stehen anders als vollstreckungsrechtliche Eintragungshindernisse der rangwahrenden Wirkung des Eintragungsantrags nicht entgegen (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.01.2009 - 34 W...

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