Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine Partei nach §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 1 ZPO wegen Nichtbefolgens einer Anordnung des persönlichen Erscheinens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Vorliegen einer Prozessvollmacht nach § 81 ZPO genügt nicht ohne weiteres den Anforderungen einer Ermächtigung nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO.

2. Dass ein Vertreter im Verhältnis zur Partei lediglich zum Abschluss eines Vergleichs unter Widerrufsvorbehalt ermächtigt ist, steht der Annahme einer Ermächtigung zum Vergleichsschluss nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht entgegen.

3. Sind die Voraussetzungen des § 141 Abs. 3 ZPO gegeben, so ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes durch das Beschwerdegericht lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen.

4. Stützt das Erstgericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes auf die durch das unentschuldigte Ausbleiben einer Partei begründete Erschwerung der Sachaufklärung und eine darauf beruhende Verzögerung des Prozesses, so unterliegen die Sachverhaltsermittlung sowie die Beurteilung der Beweisbedürftigkeit und der Frage der Erforderlichkeit einer Anhörung der Parteien durch das Erstgericht nicht der Überprüfung im Beschwerdeverfahren.

 

Normenkette

ZPO §§ 141, 380

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 3 O 189/20)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25.08.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 16.08.2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 25.08.2021 wendet sich die Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts vom 16.08.2021, mit dem das Landgericht gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld von EUR 250,- festgesetzt hat, nachdem zum Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung am 22.06.2021 die Klägerin lediglich eine Unterbevollmächtige mit Terminsvollmacht entsandt hatte. Das Gericht hatte zu diesem Termin das persönliche Erscheinen eines Vorstands der Klägerin zur Sachverhaltsaufklärung und für einen Güteversuch angeordnet. Ein im Termin vom 22.06.2021 unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossener Vergleich wurde nachfolgend mit Schriftsatz vom 29.06.2021 von der Klägerin widerrufen und das Landgericht hat mit Verfügung vom 16.08.2021 einen Termin zur Fortsetzung der Güteverhandlung und der mündlichen Verhandlung anberaumt, zu dem erneut das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet wurde. Mit Beschluss vom 27.08.2021 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde der Klägerin nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25.08.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 16.08.2021 ist statthaft und zulässig erhoben, war in der Sache aber aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 27.08.2021 zurückzuweisen, da das Landgericht zu Recht nach den §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 1 S. 2 ZPO gegen die Klägerin als Partei wegen des Ausbleibens in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2021 trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens ein Ordnungsgeld festgesetzt hat.

1. Gegen den Beschluss, mit dem gegen eine Partei wegen des Ausbleibens in der mündlichen Verhandlung ein Ordnungsgeld festgesetzt wird, ist nach §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 3 ZPO eine sofortige Beschwerde statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch binnen der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO nach der zutreffend jedenfalls nicht allein an die Klägerin selbst, sondern auch an deren Prozessbevollmächtigten erfolgten Zustellung (vgl. Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 13.02.2012 - 5 W 6/12, juris Rn. 2, MDR 2012, 428) des Beschlusses vom 16.08.2021 erhoben worden.

2. Die Klägerin hat nicht bestritten, die Ladung erhalten zu haben. Soweit sie das Fehlen von Feststellungen zur ordnungsgemäßen Ladung der Klägerin im Beschluss des Landgerichts gerügt hat, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Belehrung nach § 141 Abs. 3 S. 3 ZPO, ist dem entgegenzuhalten, dass der Nachweis der ordnungsgemäßen Ladung durch das Beschwerdegericht den Gerichtsakten entnommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2011 - I ZB 77/10, juris Rn. 12, NJW-RR 2011, 1363). Ausweislich des zu den Gerichtsakten genommenen Doppels der Ladung des gesetzlichen Vertreters der Klägerin ist darin ein Hinweis auf die bereits in der vorangegangenen Ladung mitgeteilte Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Zweck eines Güteversuchs (§ 278 Abs. 3 S. 1 ZPO) sowie zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 141 Abs. 1 S. 1 ZPO) nebst Hinweis auf die Folgen des Nichterscheinens entsprechend § 141 Abs. 3 S. 3 ZPO enthalten. Zur genügenden Entschuldigung des Ausbleibens i.S.d. § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO, wobei hier ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten der Partei nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen wäre (siehe BGH, a.a.O. juris Rn. 20), hat die Klägerin nichts vorgetragen.

3. Der gesetzliche Vertreter der Klägerin ist im Termin vom 22.06.2021 nicht erschienen (§ 141 Abs. 3 S. 1 ZPO) und die Klägerin hatte auch keinen Vertreter zur Verhandlung entsandt, der den Anforderungen des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO genügte.

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