Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung eines als Verfahrenspfleger berufsmäßig tätigen Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vergütung eines als Verfahrenspfleger berufsmäßig tätigen Rechtsanwalts für die Prüfung und Erteilung der Zustimmung bzgl. eines vom Nachlasspfleger für die unbekannten Erben geschlossenen Grundstücksverkaufsvertrages richtet sich im Regelfall nach dem RVG.

2. Bei der Prüfung und Erteilung der Zustimmung handelt es sich um eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags i.S.v. Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 zu Ziff. 2300 VV RVG, so dass eine Gebühr gem. Ziff. 2300 VV RVG und nicht nur eine Beratungsgebühr gem. § 34 RVG entsteht

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 3, § 1836; FamFG § 277; VV RVG Ziff. 2300; RVG § 34

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen 33 VI 361/17)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Bremen vom 28.07.2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.000,00/5.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren um die Vergütung des Beteiligten zu 2) als Verfahrenspfleger.

Der Beteiligte zu 1) wurde durch Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - vom 16.05.2017 gemäß § 1960 BGB zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers bestellt. Sein Wirkungskreis umfasst die Ermittlung der Erben und die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses. Zu dem Nachlass gehörte unter anderem ein Grundstück in [...] bestehend aus einer Gebäude- und Hoffläche mit 2 Gebäuden sowie Weideland, einem Graben und einem Fleet in einer Gesamtgröße von 9.666 m2. Nachdem der Beteiligte zu 1) hierfür einen Käufer gefunden und mit diesem am 12.11.2019 einen notariellen Kaufvertrag geschlossen und dessen Genehmigung beim Nachlassgericht beantragt hatte, bestellte das Nachlassgericht durch Beschluss vom 28.01.2020 den Beteiligten zu 2) - einen Rechtsanwalt - zum Verfahrenspfleger. In dem Beschluss stellte es zugleich fest, dass dieser sein Amt berufsmäßig ausübt. Aufgabenkreis der Pflegschaft war die Vertretung der unbekannten Erben innerhalb des Genehmigungsverfahrens bezüglich des notariellen Grundstücksverkaufsvertrages. Der Beteiligte zu 2) nahm Akteneinsicht und forderte vom Beteiligten zu 1) ein von diesem eingeholtes Verkehrswertgutachten an. Mit Schriftsatz vom 24.02.2020 teilte er dem Nachlassgericht mit, dass gegen die Erteilung der nachlassgerichtlichen Genehmigung für den Grundstücksverkaufsvertrag keine Bedenken bestünden. Der Kaufpreis von 480.000,00 EUR sei angemessen, die vertraglich vereinbarten Regelungen seien geeignet, die Interessen der unbekannten Erben zu wahren und die Kaufpreiszahlung sei durch Abwicklung über ein Notaranderkonto gewährleistet, wobei die hierdurch entstehenden Kosten zulasten des Käufers gingen. Gleichzeitig reichte er seinen Vergütungsantrag ein, in dem er auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 480.000,00 EUR eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG nebst Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer (Gesamtbetrag: 4.994,31 EUR) berechnet hat. Hiergegen erhob der Beteiligte zu 1) Bedenken, da die Vergütung seiner Meinung nach unangemessen hoch sei. Der tatsächlich erforderliche Arbeitsaufwand sei auf allenfalls 2-3 Stunden zu schätzen. Für die Abrechnung sei - sofern man überhaupt das RVG anwende - eine Beratungsgebühr ausreichend. Durch Beschluss vom 28.07.2020 setzte das Nachlassgericht die vom Beteiligten zu 2) beantragte Vergütung antragsgemäß fest.

Gegen diesen Beschluss, der dem Beteiligten 1) am 5.08.2020 zugestellt worden ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 1.09.2020, eingegangen am 2.09.2020, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, es handele sich vorliegend um einen standardisierten Kaufvertrag, der mit einem Zeitraum von 2-3 Stunden Prüfungsaufwand zu bewerten sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich aus der Tatsache, dass ein großer Teil des Grundstücks vermietet oder verpachtet ist, hinsichtlich der Prüfung des Vertrages besondere Schwierigkeiten oder ein besonderer Zeitaufwand ergeben könnte. Zusätzlichen Prüfungsaufwand in diesem Zusammenhang habe der Beteiligte 2) nicht dargelegt. Ein Grundstückskäufer habe die vorhandenen Miet- und Pachtverträge kraft Gesetzes zu übernehmen, ein besonderer Prüfungsbedarf ergebe sich insoweit nicht. Das Gericht habe auch außer Acht gelassen, dass vorliegend nicht etwa der Nachlass Auftraggeber des Beteiligten zu 2) gewesen, sondern die Beauftragung durch das Gericht erfolgt sei. Daher sei die Festsetzung nur dann verbindlich, wenn sie nicht unbillig erscheine. Eine solche Billigkeitsprüfung habe das Gericht aber unterlassen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde durch nicht näher begründeten Beschluss vom 7.09.2020 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Beteiligte zu 2) verteidigt den angefochtenen Beschluss und verweist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die vorliege...

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