Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verwertbarkeit der Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens zur Geschwindigkeitsmessung im Bußgeldverfahren. Recht der Ordnungswidrigkeiten. Geschwindigkeitsmessung. Geschwindigkeitsmessgerät TraffiStar S350. Rohmessdaten

 

Leitsatz (amtlich)

Dass bei einem standardisierten Messverfahren zur Geschwindigkeitsmessung im Bußgeldverfahren keine Speicherung der Rohmessdaten erfolgt, führt nicht zur Unzulässigkeit der Verwertung der Messergebnisse dieses Messverfahrens.

 

Normenkette

OWiG § 80; StVG § 24; StVO § 3 Abs. 3, § 49

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Entscheidung vom 11.12.2019; Aktenzeichen 21 OWi 970 Js 59220/19)

 

Tenor

Der Antrag des Betroffenen vom 11.12.2019, gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven vom 11.12.2019 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bremerhaven hat den Betroffenen mit Urteil vom 11.12.2019 wegen einer am 03.06.2019 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h (bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h) unter Anwendung der § 24 StVG i.V.m. §§ 3 Abs. 3, 49 StVO zu einer Geldbuße von EUR 80,- verurteilt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vom 11.12.2019, mit dem er die Verwertung der mit dem Messgerät TraffiStar S350 gewonnenen Ergebnisse der Geschwindigkeitsmessung als unzulässig rügt, da bei diesem Gerät mangels Speicherung von Rohmessdaten keine nachträgliche Überprüfung der Richtigkeit der Messung möglich sei, so dass durch die Verwendung dieser Messergebnisse sein Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat am 05.03.2020 Stellung genommen und beantragt, den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 80 Abs. 1 OWiG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 80 Abs. 3 S. 1, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341 StPO). Er ist aber nicht formgerecht begründet worden (§§ 80 Abs. 3 OWiG, 344, 345 StPO) und damit unzulässig, da die Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde keine zulässig erhobene Rüge enthält, auf die hin nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 OWiG die Rechtsbeschwerde zuzulassen wäre.

1. Der Begründung des Antrags des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist lediglich eine Verfahrensrüge dahingehend zu entnehmen, dass der Betroffene die Verwertung der Messergebnisse der Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät TraffiStar S350 wegen der bei diesem Gerät nicht erfolgenden Speicherung von Rohmessdaten als unzulässig und als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens rügt.

a. Nach der Regelung des § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht tragen, da nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG bei einer - wie vorliegend - Festsetzung einer Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro oder einer Anordnung einer Nebenfolge vermögensrechtlicher Art, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt wurde, die Rechtsbeschwerde wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht zugelassen wird. Eine Rüge der Verletzung sachlichen Rechts ist der Begründung des Antrags des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu entnehmen; ebenso nicht eine Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

b. Es kann dahinstehen, ob in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ungeachtet der Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auch für den Fall der Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG erfolgen kann (befürwortend: OLG Rostock, Beschluss vom 13.07.2016 - 21 Ss OWi 103/16 (Z), juris Rn. 6; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 07.03.1995 - 1 BvR 1564/92, juris Rn. 8 i.V.m. 18, BVerfGE 92, 191; hierzu auch Göhler/Seitz/Bauer, 17. Aufl., § 80 OWiG Rn. 16e; offengelassen dagegen von OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2020 - (1Z) 54 Ss-OWi 13/20 (13/20), juris Rn. 12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2019 - 2 Rb 35 Ss 808/19, juris Rn. 3; OLG Schleswig, Beschluss vom 05.06.2019 - 1 OLG 123/19, juris Rn. 6, SchlHA 2019, 279; ablehnend unter Bezugnahme auf den Wortlaut der als Ausnahmevorschrift konzipierten Bestimmung KG Berlin, Beschluss vom 22.07.2019 - 3 Ws (B) 178/19 und 179/19 - 162 Ss 71/19, juris Rn, 22, StraFO 2019, 470; OLG Hamm, Beschluss vom 03.01.2019 - 4 RBs 377/18, juris Rn. 5; OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.07.2018 - 2 Ss OWi 197/18, juris Rn. 19; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.10.2017 - Ss Rs 17/2017 (30/17 OWi), juris Rn. 17, SVR 2018, 155 (Ls.); OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.09.2019 - 4 Rb 28 Ss 691/1...

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