Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a VVG a. F.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verwendung eines Konditionalsatzes steht einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung nicht entgegen, wenn der Text lediglich die gesetzlichen Vorgaben des § 5a VVG in der bis zum 31.07.2001 gültigen Fassung wiedergibt. Der Versicherungsnehmer kann insoweit unschwer anhand der vor Übermittlung des Versicherungsscheins erhaltenen Unterlagen feststellen, dass ihm ein Widerspruchsrecht zusteht (entgegen OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.12.2017 - 12 U 127/17).

2. Dem Versicherungsnehmer ist es nicht unzumutbar, zu prüfen, ob ihm sämtliche in Anlage D Abschnitt I zu § 10a VAG in der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung (=a. F.) genannten Einzelinformationen vorliegen.

3. Soweit gem. Anlage C Abschnitt I Nr. 2 d) zu § 10a VAG a. F. Angaben über das Ausmaß, in dem die Leistungen nach den Buchstaben b und c garantiert sind, zu erteilen sind, reicht es aus, wenn der Versicherer im Hinblick auf die garantierte beitragsfreie Rente unter der Überschrift "Garantierte Rückkaufswerte und beitragsfreie Leistungen" ausführt, dass der Versicherungsnehmer der folgenden Tabelle entnehmen könne, welche Leistungen sich für seine Versicherung ergeben würden, wenn er zu den angegebenen Terminen den Vertrag kündige oder beitragsfrei stelle. Die Werte würden dann gelten, wenn er seinen Versicherungsvertrag unverändert fort-führe. Der Versicherer macht insoweit hinreichend deutlich, dass es sich auch bei den angegebenen beitragsfreien jährlichen Renten um garantierte Werte handelt (Anschluss an OLG Köln, Urteil vom 08.04.2016 - 20 U 22/16).

 

Normenkette

BGB § 187 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; VAG § 10a vom 31.12.1999; VVG § 5a vom 31.07.2001

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 13.05.2019 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Prämien bzw. Herausgabe der gezogenen Nutzungen gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, 818 BGB gegen die Beklagte.

Die Klägerin hat die Prämien mit Rechtsgrund geleistet, weil die Voraussetzungen für ein wirksames Zustandekommen des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages erfüllt sind.

Gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der vom 29.07.1994 bis zum 31.07.2001 gültigen Fassung (im Folgenden als a. F. bezeichnet) gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht. Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist (§ 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F.).

Im vorliegenden Fall erhielt die Klägerin mit dem Versicherungsschein neben den Versicherungsbedingungen auch eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14tägigen Widerspruchsfrist erklärte die Klägerin den Widerspruch nicht.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die ihr erteilte Widerspruchsbelehrung inhaltlich nicht zu beanstanden.

a.) Soweit die Beklagte die Klägerin in der Widerspruchsbelehrung darauf hingewiesen hat, dass, wenn die für den Vertrag geltenden Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG erst zusammen mit dem Versicherungsschein übermittelt werden, der Vertrag auf Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation als geschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen (Absendung genügt) nach Überlassen der Unterlagen schriftlich widerspricht, hat die Beklagte lediglich die gesetzlichen Vorgaben wiedergegeben, unter denen dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.08.2019 - 7 U 51/19 -, Anlage BLD 8). Die Klägerin als verständige Versicherungsnehmerin konnte insoweit trotz der Verwendung eines Konditionalsatzes entgegen der vom Oberlandesgericht Karlsruhe (vgl. Urteil vom 15.12.2017 - 12 U 127/17 -, juris - Rn. 40) vertretenen Ansicht unschwer erkennen, dass ihr im vorliegenden Fall ein Widerspruchsrecht zustand. Denn sie wusste, welche Unterlagen ihr vor Übermittlung des Versicherungsscheins überlassen ...

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