Entscheidungsstichwort (Thema)

Schaden und Vorteilsausgleichung bei einem vom "Abgasskandal" betroffenen Leasingfahrzeug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Grundsätzlich kann auch bei einem Leasingvertrag eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB durch Verwendung einer Manipulationssoftware in Betracht kommen. Der Leasingnehmer geht einen Leasingvertrag ein, bei dem ihm als Gegenleistung für die Zahlung der Leasingraten ein Fahrzeug zum Gebrauch überlassen wird, bei dem die Gefahr einer Betriebsbeschränkung bzw. -untersagung besteht. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiver willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht. (Rn. 9)

2. Die von einem Leasingnehmer getroffene Investitionsentscheidung, das Fahrzeug nicht zu erwerben, sondern nur zeitweise nutzen zu wollen, hat zur Folge, dass die zu zahlende Leasingrate, anders als der Kaufpreis, einen hohen Anteil nicht unmittelbar gebrauchsbezogener Kosten enthält. Als Konsequenz dieser Investitionsentscheidung sind hieraus auch die Vorteile zu bemessen, die der Leasingnehmer aus dem Leasingvertrag gezogen hat. Sie entsprechen dem objektiven Mietwert der Sache, d.h. den für das genutzte oder für ein vergleichbares Fahrzeug üblichen Leasinggebühren. (Rn. 13)

 

Normenkette

BGB §§ 249, 546a, 826; ZPO § 263

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Urteil vom 08.08.2019; Aktenzeichen 15 O 544/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 08.08.2019, Aktenzeichen 15 O 544/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 08.08.2019 sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 22.07.2020 Bezug genommen.

Mit dem auf den vorgenannten Hinweisbeschluss des Senats folgenden Schriftsatz vom hat die Klägerin beantragt,

...

Die Klägerin verlangt hiermit nach nunmehr nach Beendigung des Leasingvertrags und Rückgabe des Fahrzeugs keine Freistellung mehr, sondern die Erstattung der gesamten Leasingzahlungen von EUR abzüglich der genannten Nutzungsvorteile sowie erstmals die Zahlung einer "Nachforderung Fahrzeugschäden" von EUR.

II. Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 08.08.2019, Aktenzeichen 15 O 544/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 20.07.2020 Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom ist auszuführen:

1. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom in der Berufungsinstanz ihren Antrag geändert. Als Klageänderung bzw. Klageerweiterung ist jedoch nicht der Übergang vom Freistellungs- zum Zahlungsanspruch anzusehen, da diese vorliegend nur unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs darstellen (BGH NJW 1994, 944). Als Klageerweiterung gem. § 263 ZPO ist daher nur der zusätzlich geltend gemachte Anspruch für die "Nachforderung Fahrzeugschäden" von EUR einzuordnen.

Diese zweitinstanzliche Klageerweiterung hindert den Senat jedoch nicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Beschuss nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erlassen. Wird die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung hierdurch zurückgewiesen, verliert die Klageerweiterung entsprechend der Vorschrift des § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung (BGH NJW-RR 2019, 1150 Rn. 6; BGH NJW-RR 2017, 56 Rn. 13; OLG Nürnberg NJOZ 2006, 4222).

2. Die Berufung erweist sich als unbegründet. Der Senat hält daran fest, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zusteht.

a) Der Senat hat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 20.07.2020 ausgesprochen, dass grundsätzlich auch bei einem Leasingvertrag eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB durch Verwendung einer...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge