Kfz-Leasing: Nutzungsentschädigung bei Rückabwicklung

Bei Rückabwicklung eines Kfz-Leasingvertrages hat der Leasingnehmer Anspruch auf Rückzahlung der Leasingraten. Die Vergütung für gefahrene Kilometer erfolgt linear auf der Grundlage der erwartbaren Gesamtlaufleistung, bei aktuellen Fahrzeugen häufig 300.000 km.

Das OLG Braunschweig hat im Fall der Rückabwicklung eines Leasingvertrages über die hierbei häufig strittigen Fragen entschieden, ob bereits geleistete Leasingraten grundsätzlich zurückzuzahlen sind und in welcher Höhe der Leasingnehmer eine Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer zu leisten hat.

Einvernehmen über Rückabwicklung des Leasingvertrages

Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen eine Rückabwicklung des Leasingvertrages über ein Fahrzeug Audi A6 Avant 50 TDI erreicht. In dem anschließend von dem vermittelnden Autohaus an die Käuferin übersandten Formularvordruck hatte das Autohaus in einer dort enthaltenen, mit dem Begriff „Prozentfaktor“ überschriebenen Rubrik „0,67 %“ handschriftlich eingetragen. In dem weiteren mit dem Begriff „Nutzungsentschädigung“ überschriebenen Formularfeld befand sich keine Eintragung. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte das Formular bei Rückgabe des Fahrzeugs unterschrieben.

Aufrechnung mit pauschaler Nutzungsentschädigung

Gegen die nach Rückgabe des Fahrzeugs seitens des Unternehmens erhobene Forderung auf Rückzahlung der bereits geleisteten Leasingraten rechnete die beklagte Leasinggeberin mit einem pauschalen Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,67 % des Neupreises pro gefahrene 1.000 km auf, was einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des PKW in Höhe von 150.000 km entsprach. Mit dieser Berechnung war die Klägerin nicht einverstanden. Die Beklagte machte geltend, durch die Unterschrift des Geschäftsführers unter das Rückabwicklungsformular habe sich die Leasingnehmerin mit dieser Berechnungsmethode einverstanden erklärt.

Formularvordruck ist als AGB zu bewerten

Das zweitinstanzlich mit der Sache befasste OLG sah - anders als die Vorinstanz - in dem von dem Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen Formular keine wirksame Vereinbarung einer pauschalen Berechnung der Nutzungsentschädigung. Die Eintragung in das Formular „0,67%“ sei zwar per Hand erfolgt, dennoch sei das Gesamtformular als eine AGB der Beklagten im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB zu werten, da diese den Vordruck einseitig für eine Vielzahl von Verträgen verwendet.

Transparenzgebot gilt auch für Preisvereinbarungen

Die handschriftliche Eintragung des Prozentsatzes in das hierfür vorgesehene Feld des Vordrucks bewertete das Gericht allerdings als eine individuelle Preisvereinbarung. Damit unterliege die auf diese Weise gewählte konkrete Berechnungsmethode zwar nicht der allgemeinen Inhaltskontrolle für AGB gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, jedoch finde die Unklarheitenregelung des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf eine solche Preisvereinbarung Anwendung.

Bezugspunkt für die Prozentangabe bleibt unklar

Den Erfordernissen des Transparenzgebotes hält der konkret eingetragene Prozentsatz nach der Bewertung des OLG nicht stand. Eine Verletzung des § 307 Abs. 1 Satz 2BGB folge schon daraus, dass lediglich das Feld „Prozentfaktor“ einen Eintrag enthielt, während das Feld „Nutzungsentschädigung“ leer geblieben sei. Damit bleibe der Bezugspunkt für die Prozentangabe unklar. Auch für den Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft sei hiernach nicht ohne weiteres erkennbar, dass der Faktor „0,67%“ die Grundlage für die Berechnung der Nutzungsentschädigung bilden solle.

Lineare Berechnung der Nutzungsentschädigung

Der Senat berechnete die Höhe der Nutzungsentschädigung nach der linearen Berechnungsmethode, wie sie der BGH u.a. in verschiedenen Entscheidungen vorgenommen hat (BGH Urteil v. 17.5.1995, VIII ZR 70/94). Dabei legte das OLG für das zurückgegebene Fahrzeug eine erwartbare Gesamtlaufleistung von 300.000 km zugrunde, mithin das Doppelte der seitens der Beklagten vorgenommenen Berechnung. Im Ergebnis war damit der der Klägerin zuerkannte Erstattungsanspruch deutlich höher als zuvor von der Beklagten errechnet.


(OLG Braunschweig, Urteil v. 1.2.2022, 7 U 566/20)


Hintergrund

Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegt eine individuelle Preisvereinbarung grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil dies dem Grundsatz der Vertragsfreiheit widersprechen würde, Leistung und Gegenleistung frei zu vereinbaren. Dies gilt auch für Vereinbarungen über die für die Ermittlung eines Preises maßgeblichen Bewertungsfaktoren (BGH, Urteil v. 24.3.2010, VIII ZR 178/08). Demgegenüber findet das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auf Preisvereinbarungen Anwendung (BGH, Urteil v. 31.5.2012, I ZR 73/10).