Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Leasingvertrags wegen eines Mangels der Leasingsache: Inhaltskontrolle eines Vordrucks des Leasinggebers für Vereinbarungen über die Höhe der Nutzungsentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Vordruck eines Leasinggebers, in dem sich der Leasingnehmer mit der Abrechnung der Nutzungsentschädigung nach den dort festgehaltenen Bedingungen einverstanden erklärt, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB

2. Die Eintragung eines Prozentsatzes in ein hierfür vorgesehenes Feld des Vordrucks stellt eine Preisvereinbarung dar, die keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegt, auf die jedoch die Unklarheitenregelung des § 307 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 BGB Anwendung findet.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 Sätze 1-2

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 03.07.2020, Az. 2 O 4256/19, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.887,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2019 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf die Wertstufe bis 6.000,- EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Leasingvertrags in Anspruch, nachdem sie in Ausübung von ihr im Leasingvertrag eingeräumten Rechten den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt hatte, den die Beklagte mit der Lieferantin des Fahrzeugs geschlossen hatte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 517 ZPO eingelegt und innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden. Sie ist in dem aus dem Tenor zu entnehmenden Umfang begründet.

1. In vollem Umfang begründet ist der Berufungsantrag zu 1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 4.887,96 EUR wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrags zu.

a) Der Wegfall der Geschäftsgrundlage folgt daraus, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht eine mangelbedingte Rückabwicklung des Kaufvertrags zwischen dem vermittelnden Autohaus und der Beklagten durchgesetzt hat. Dahingestellt gestellt bleiben kann, ob entsprechend den Ausführungen des Landgerichts Anspruchsgrundlage für den daraus folgenden Rückabwicklungsanspruch §§ 812, 818 BGB oder, wie die Klägerin in der Berufungsbegründung geltend macht, §§ 346 ff BGB sind.

Der Berufungseinwand der Klägerin spiegelt den nach wie vor bestehenden Meinungsstreit zur anwendbaren Anspruchsgrundlage in den Fällen wider, in denen der Leasingnehmer nach erfolgreicher Geltendmachung eines Rücktritts aus einem abgetretenen kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht einen Anspruch auf Rückabwicklung (auch) des Leasingvertrages geltend macht (vgl. zu dieser Thematik Staudinger/Stoffels (2018) BGB, LEASING R. 237ff). Während der Bundesgerichtshof mit der früheren (vor der Schuldrechtsreform geprägten) und bisher nicht ausdrücklich aufgegebenen Rechtsprechung in der Rückabwicklung des Kaufvertrags zwischen Lieferant und Leasinggeber einen Wegfall der Geschäftsgrundlage sah, der zu einer Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht führte (vgl. für viele BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88 -, R. 11ff, juris; Staudinger/Stoffels (2018) BGB, LEASING R. 239), wird in der Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung nach der Schuldrechtsreform und der gesetzlichen Kodifizierung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB überwiegend vertreten, der Wegfall der Geschäftsgrundlage führe nach § 313 Abs. 3 BGB zu einem Rücktritts- oder einem ex tunc wirkenden Kündigungsrecht, aufgrund dessen die Rückabwicklung des Leasingvertrages gemäß §§ 346ff BGB erfolgen müsse (vgl. dazu OLG München, Urteil vom 02. Mai 2018 - 7 U 3715/17 -, R. 38f, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08. März 2016 - I-24 U 120/15 -, R. 37ff, juris; Staudinger/Stoffels (2018) BGB, LEASING R. 245f m.w.N.). Für den hier in Rede stehenden Antrag auf Rückzahlung der Leasingraten und die gegen diese Forderung eingewandten Ansprüche der Beklagten auf Nutzungsersatz für die zeitweise Nutzung des Leasingfahrzeugs ist es unbeachtlich, welche Anspruchsgrundlage zur Anwendung kommt. Der Rückzahlungsanspruch bzgl. der Leasingraten folgt im Bereicherungsrecht aus § 812 Abs. 1 BGB und im Rücktrittsrecht aus § 346 Abs. 1 BGB. Auch findet sowohl im Bereicherungsrecht als auch im Rücktrittsrecht eine - zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht streitige - Anrechnung der gezogenen Nutzungen statt, und zwar im Rahmen des Bereicherun...

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