Leitsatz

Bei der Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts für Garagenflächen in den neuen Ländern (§ 5 Abs. 1 Nutzungsentgeltverordnung) müssen zwar Einzelfälle außer Betracht bleiben, in denen es einem Nutzungsgeber gelungen ist, ein völlig außerhalb des gängigen Preisspektrums liegendes Nutzungsentgelt zu erzielen. Die Frage, ob ein solcher Extremfall vorliegt, kann aber nicht ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Markts beantwortet werden.

Werden Garagenflächen in 80 bis 90 % aller Fälle von Kommunen oder kommunalen Gesellschaften angeboten, kann das ortsübliche Entgelt nicht allein durch die Preisgestaltung dieser Anbieter bestimmt und dabei eine nicht unbeachtliche Anzahl privater Nutzungsverträge mit deutlich höheren Entgelten als "Ausreißer" außer Betracht gelassen werden.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

NutzEV §§ 3, 5

 

Kommentar

Das Verfahren betrifft die Erhöhung des Nutzungsentgelts für eine in der Nähe von Potsdam gelegene Garage. Der Nutzer hatte zuletzt 60 DM jährlich zu bezahlen. Der Eigentümer verlangt eine Erhöhung auf 60 DM monatlich.

Der Anspruch auf die Erhöhung des Entgelts für die Nutzung von Garagengrundstücken aufgrund von Verträgen nach § 312 Zivilgesetzbuch der DDR richtet sich nach der Nutzungsentgeltverordnung (NutzEV) vom 24.6.2002 (BGBl. I S. 2562). Das vereinbarte Entgelt kann bis zur Höhe der ortsüblichen Entgelte erhöht werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NutzEV). Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Satz 1 NutzEV sind diejenigen Entgelte ortsüblich, "die nach dem 2. Oktober 1990 in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für Grundstücke vergleichbarer Art, Größe, Beschaffenheit und Lage vereinbart worden sind". Dabei ist für die Vergleichbarkeit "die tatsächliche Nutzung unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Bebauung der Grundstücke maßgebend" (§ 3 Abs. 2 Satz 2 NutzEV). Die Ermittlung des ortsüblichen Entgelts bereitet vielerorts Probleme, weil die Entgelte erheblich voneinander abweichen.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall geht es um einen Garagenkomplex mit zahlreichen Garagen.

  • Ein Teil der Garagenfläche mit ca. 70 Garagen steht in kommunalem Eigentum. Hier zahlen die Garagennutzer einen Betrag von 120 DM pro Jahr.
  • Ein anderer Teil der Garagenfläche mit 49 Garagen steht im Eigentum der Kläger. Hier zahlen 31 Nutzer Beträge zwischen 60 DM und 70 DM pro Monat. Mit 18 Nutzern haben die Kläger sogar ein Entgelt von 100 EUR monatlich vereinbart.

Der BGH hatte zu entscheiden, wie bei derartigen Spannen das ortsübliche Entgelt zu ermitteln ist.

1. Der BGH führt hierzu aus, dass eine Differenzierung zwischen kommunalen und privaten Anbietern nicht in Betracht kommt. Dies folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 2 NutzEV; aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass für die Vergleichbarkeit nur die tatsächliche Nutzung unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Bebauung der Grundstücke maßgebend sein soll. Auf die Rechtsform des Anbieters kommt es dagegen nicht an.

2. Der mit der Ermittlung des ortsüblichen Entgelts beauftragte Sachverständige hatte festgestellt, dass Garagenverträge der fraglichen Art zu 80 bis 90 % von Kommunen oder kommunalen Gesellschaften zu einem Jahresentgelt zwischen 60 und 144 DM angeboten werden. Die von den privaten Anbietern erzielten Entgelte von 720 DM pro Jahr seien deshalb als "Ausreißer nach oben" anzusehen und bei der Ermittlung des Nutzungsentgelts auszuscheiden. Nach Ansicht des BGH wird hierbei verkannt, dass bei immerhin 10 % des Gesamtangebots ein Jahresentgelt von 720 DM erzielt werde. Deshalb sei es nicht berechtigt, diesen Teil generell nicht zu berücksichtigen.

3. Abschließend weist der BGH darauf hin, dass zwischen den Verträgen der kommunalen Anbieter einerseits und den Verträgen der privaten Unterschiede in den jeweiligen Leistungen (Beaufsichtigung durch einen Platzwart, Abgeltung von Nebenkosten) bestehen. Dem müsse durch Abzüge Rechnung getragen werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 07.10.2009, XII ZR 175/07

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