Leitsatz

  • Auch über bestandskräftig gewordenen Eigentümer-Mehrheitsbeschluss kann eine Haftung eines rechtsgeschäftlichen Erwerbers (Rechtsnachfolgers) für Wohngeldrückstände seines Rechtsvorgängers begründet werden (ähnlich zulässiger Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung); kein Rechtsgeschäft zu Lasten Dritter!

    Wohngeldrückstände (Altschulden) in Form eines sog. Saldenvortrages können neuerlich in aktueller Abrechnung mitbeschlossen werden (über entsprechende Auslegung des Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses) und damit zu einer (weitergehenden) Wohngeldrückstandshaftung führen

 

Normenkette

§ 5 Abs. 4 WEG, § 8 Abs. 2 Satz 1 WEG, § 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 3 und 5 WEG

 

Kommentar

1. Werden Wohngeldrückstände aus den Abrechnungen früherer Jahre (übertragene Altschulden, Saldovorträge) in die Abrechnung eines späteren Jahres als Ausgaben miteinbezogen und wird darüber ein bestandskräftiger Beschluss gefasst, so stellt dieser eine Grundlage für die Geltendmachung auch dieser Wohngeldrückstände (Saldenvorträge) aus früheren Jahren dar; ob eine solche Einbeziehung gewollt ist, muss durch Auslegung des Beschlusses über die (aktuelle) Jahresabrechnung ermittelt werden. Es wird zwar überwiegend verneint, solche Saldenvorträge aus früheren Jahren in neuerliche Jahresabrechnung als "Ausgaben" aufzunehmen; in der Regel ist genannten Saldenvorträgen nur nachrichtlicheBedeutung beizumessen (BayObLG, NJW-RR 90, 1107; 92, 1169; WE 92, 175; KG Berlin, WM 93, 302; ZMR 96, 150; OLG Köln, WE 95, 221; a.A. Seuß, WE 93, 69). Werden allerdings Salden aus früheren Jahren gleichwohl in eine neuerliche Abrechnungsbeschlussfassung miteinbezogen, kann der Eigentümerbeschluss auch Grundlage für einen solchen Zahlungsanspruch sein, sofern er nicht insoweit für ungültig erklärt wird (auch OLG Düsseldorf, WM 91, 623 und OLG Köln, Entscheidung v. 24.01.1997, 16 Wx 2/97= ZMR 5/97, 249). Im vorliegenden Fall war in entsprechender Auslegung des Beschlusses von einer solchen Einbeziehung der Altschulden auszugehen; sie waren Teil der bestandskräftig genehmigten Abrechnung und auch Beschlussgegenstand, wurden also tatsächlichen Ausgaben des betreffenden Geschäftsjahres gleichgestellt.

2. Bei einem Eigentumswechsel ist für die Zahlungspflicht (Schuldner-Passivlegitimation) darauf abzustellen, ob der die Forderung begründende Eigentümerbeschluss (Abrechnungsgenehmigung) vor oder nach dem Eigentumswechsel, also bei rechtsgeschäftlichem Erwerb vor oder nach der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch gefasst worden ist (BGHZ 104, 197). Vorliegend kam der Eigentümerbeschluss nach dem Eigentumserwerb des zur Zahlung in Anspruch genommenen Antragsgegners zustande. Der BGH hat in seiner nachfolgenden Rechtsprechung einschränkend entschieden, dass sich die Haftung eines Erwerbers aus einem Jahresabrechnungs-Genehmigungsbeschluss allerdings allein auf die sog. Abrechnungsspitze bezieht (vgl. BGHZ 131, 228; NJW 94, 1866 und nachfolgend BayObLG, ZMR 99, 119 m.w.N.). Der sich daraus ergebende Einwand (fehlende Beschränkung einer Einzelabrechnung auf die sog. Abrechnungsspitze) ist allerdings im Anfechtungsverfahren (wie hier nicht erfolgt) geltend zu machen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 97, 714; OLG Köln, WE 97, 431; WM 97, 395; OLG Stuttgart, FG Prax 98, 96, KG Berlin, Entscheidung v. 17.12.1997, 24 W 2520/96= WM 8/98, 503; OLG Hamburg, WM 98, 743; vom BGH mit Entscheidung v. September 1999 revidierte Ansicht; Anfechtung nicht mehr erforderlich!). Erst im Wohngeld-Inkassoverfahren greift dieser Einwand gegen einen bestandskräftigen Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung nicht mehr durch.

3. Beschließt eine Gemeinschaft darüber hinaus bestandskräftig eine gesamtschuldnerische Erwerberhaftung für Wohngeldrückstände (unter Hinweis auf evtl. internen Ausgleich zwischen den Vertragspartnern), handelt es sich hier nicht (entgegen der Ansicht des LG) um einen nichtigen Vertrag zu Lasten Dritter, sondern um einen alle Wohnungseigentümer bindenden Beschluss (ähnlich wie bei entsprechend für wirksam erachtete Vereinbarungen in einer Gemeinschaftsordnung, vgl. BGH, NJW 94, 2950), vgl. § 10 Abs. 3, 4 WEG; auch über bestandskräftig gewordenen Beschluss kann damit eine Erwerberhaftung für rechtsgeschäftliche Erwerbsvorgänge wirksam begründet werden (vgl. BGHZ 127, 99, 102; 129, 329, 332; BayObLGZ 96, 256).

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der Antragsgegnerseite im Erstbeschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz von DM 2.052.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 18.03.1999, 2Z BR 182/98)

zu Gruppe 5:  Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Vgl. jedoch zu dieser Problematik (zu Ziffer 2.) auch die neuerliche Entscheidung des KG Berlin ( KG Berlin, Entscheidung vom 18.11.1998, 24 W 5437/97) (mit Anmerkung)) als Vorlageentscheidung zum BGH (BGH hat im September 1999 die Meinung des vorlegenden KG bestätigt!) und auch die von diesen Meinungen abweichende Entscheidung d...

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