Leitsatz

Eine vom Vermieter verwendete formularmäßige Klausel, wonach der Mieter von Gewerberaum gegenüber den Ansprüchen des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses kein Minderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen kann, es sei denn, der Vermieter hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass sie die Minderung wegen sonstiger Mängel vollständig ausschließt und dem Mieter auch nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB verbleibt.

Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deswegen unwirksam.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 536, 305 Abs. 2, § 307 Abs. 2

 

Kommentar

Ein Mietvertrag über Büroräume enthielt unter anderem folgende Klauseln:

§ 7 Aufrechnung, Minderung, Mängel der Mietsache

1. ...

2. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Mieter wegen eines Mangels der Mietsache oder wegen Verzugs der Vermieterin mit der Beseitigung eines Mangels ist ausgeschlossen, sofern die Vermieterin den Mangel bzw. den Verzug mit der Mängelbeseitigung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten hat.

3. Der Mieter kann gegenüber den Ansprüchen der Vermieterin auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten kein Minderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen, es sei denn, die Vermieterin hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten. Dies gilt auch für Störungen des Mietgebrauchs durch Einwirkungen von außen.

Die Büroräume haben keine Fenster, sondern werden über eine Lüftungs- und Klimaanlage be- und entlüftet. Die Mieterin hat mit Schreiben vom 30.9.2000 angezeigt, dass die Lüftungsanlage defekt sei. Die Vermieterin ist untätig geblieben. Gleichwohl hat die Mieterin die Miete zunächst in voller Höhe weiter bezahlt. Erst im Mai 2003 hat die Mieterin die Zahlungen eingestellt. Sie hat hierzu mitgeteilt, dass die Miete seit dem Auftreten des Mangels im September 2000 um 50 % gemindert sei. Ab Mai 2003 werde nur noch die halbe Miete geschuldet. Mit dem in der Zeit von September 2000 bis April 2003 überzahlten Betrag hat die Mieterin gegen die künftige Miete aufgerechnet.

Die Vermieterin klagt die ab Mai 2003 rückständige Miete ein. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Es komme nicht darauf an, ob die Mietsache mangelhaft sei. Jedenfalls habe die Mieterin die Minderungsbefugnis verwirkt, weil sie die Miete trotz des angeblichen Mangels über eine lange Zeit weiter bezahlt habe.

Die Revision der Mieterin dagegen hatte Erfolg:

1. Zurückbehaltungsrecht an der Miete?

Für das Revisionsverfahren war zugunsten der Mieterin zu unterstellen, dass die Mietsache mangelhaft ist. In diesem Fall ist zunächst in Erwägung zu ziehen, ob der Mieterin neben dem Recht aus § 536 BGB (Minderung) auch ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zusteht (§ 320 BGB). Der BGH führt hierzu aus, dass die Einrede des Zurückbehaltungsrechts grundsätzlich neben der Minderungsbefugnis besteht (BGH, Urteil v. 18.4.2007, XII ZR 139/05). Die Einrede muss auch nicht ausdrücklich geltend gemacht werden. Jedoch muss der Mieter zu erkennen geben, dass er die Miete wegen der Mängel zurückbehält (BGH, Urteil v. 7.10.1998, VIII ZR 100/97; BGH, Urteil v. 7.6.2006, VIII ZR 209/05). Vorliegend hatte die Mieterin ausdrücklich erklärt, dass sie die Miete in Höhe von 50 % mindern und gegen den Rest mit Rückzahlungsansprüchen aufrechnen wolle. Bei dieser Sachlage ist ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen.

2. Wirksamkeit der Beschränkung des Minderungsrechts gem. § 7 Abs. 3 des Mietvertrags?

Bei der Geschäftsraummiete können die Parteien – anders als bei der Wohnraummiete – das aus § 536 BGB folgende Minderungsrecht beschränken oder ausschließen. Solche Regelungen können auch in einem Formularvertrag getroffen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH kann vereinbart werden, dass der Mieter im Fall eines Mangels nicht zur Kürzung der Miete berechtigt ist; dem Mieter muss allerdings die Möglichkeit verbleiben, eine überzahlte Miete nach § 812 BGB zurückzufordern (BGH, Urteil v. 27.1.1993, XII ZR 141/91). Der vollständige Ausschluss der Rechte aus § 536 BGB ist dagegen nicht möglich (KG, GE 2008, 52, 53; OLG München, ZMR 1987, 16).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH in seinem Urteil vom 27.1.1993 entschieden, dass die Klausel "Auf das Recht zur Aufrechnung, Minderung (Herabsetzung des Pachtpreises) und Zurückbehaltung verzichtet der Pächter, soweit dies gesetzlich zulässig ist und soweit nicht mit rechtskräftig festgestellten Forderungen die vorgenannten Rechte geltend gemacht werden." das Minderungsrecht nicht ausschließt. Der Pächter könne sein Recht zwar nicht durch Abzug vom Pachtzins verwirklichen. Jedoch bleibe es ihm unbenommen, wegen der überzahlten Pacht eine gesonderte Klage aufgrund von § 812 BGB zu erheben.

Der BGH führt aus, dass die Klausel in § 7 Abs. 3 des Mietvertrags im selben Sinne verstanden werden kann. Allerdings sei dies nicht zwingend. Denkbar sei auch, dass die Rechte aus § 536 BGB i...

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