Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 24.10.1990; Aktenzeichen S 7 U 307/89)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24.10.1990 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren zu erstatten. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Vorliegen eines versicherten Arbeitsunfalls.

Der 1950 geborene Beigeladene ist gelernter Dachdecker. Sein Nachbar U. M. ist Inhaber eine Bausanierungs- und Instandsetzungsfirma und außerdem Geschäftsführer einer Baustoffhandels-GmbH. Er ist Eigentümer einer Halle, die von seiner Bausanierungs- und Instandsetzungsfirma gebaut wurde und an die Baustoffhandels-GmbH vermietet wird.

Am 3.12.1988 hatten die mit der Errichtung des Dachs der Halle beschäftigten Arbeiter Schwierigkeiten mit der Eterniteindeckung. Aus diesem Grunde trat U. M. gegen 11.00 Uhr an den Beigeladenen heran und bat ihn um einen fachmännischen Rat, wie die Arbeit fortgesetzt werden solle; dieser erklärte sich hierzu bereit. Nach dem Besteigen des Daches trat der Beigeladene auf eine noch nicht befestigte Eternitplatte und stürzte vom Dach. Hierbei zog er sich eine dreifache Unterkieferfraktur und multiple Weichteilverletzungen zu. Die Klägerin trug die Kosten ua einer stationären Krankenhausbehandlung und zahlte dem Beigeladenen Krankengeld. Sie vertrat der Beklagten gegenüber die Ansicht, der Beigeladene habe bei dem Unfall gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Die Beklagte kam demgegenüber zu dem Ergebnis, die vom Beigeladenen verrichtete Tätigkeit sei eine unversicherte übliche Gefälligkeitshandlung unter Nachbarn gewesen.

Im Klageverfahren ist der Beigeladene persönlich angehört worden. Er hat ua erklärt: Im Unfallzeitpunkt sei nur die Erteilung eines Rats über die Durchführung der Eterniteindeckung vereinbart gewesen. Wenn er darum gebeten worden wäre, hätte er „die Platten am Ortsgang richtig herum” aufgelegt; der Beschäftigte der Firma M. Sch. hätte die Arbeit dann fertigstellen können.

Durch Urteil vom 24.10.1990 hat das Sozialgericht die auf Feststellung des zuständigen Versicherungsträgers für den Unfall vom 3.12.1988 gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beigeladene sei nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 i Vm Abs. 2 RVO gegen Arbeitsunfall versichert gewesen, weil die im Unfallzeitpunkt ausgeführte Tätigkeit nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 30.11.1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.12.1990 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie trägt vor: Der Beigeladene habe bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht wie ein Selbständiger, sondern wie ein abhängig beschäftigter Vorarbeiter oder Kolonnenführer gehandelt. Hierfür spreche der Umstand, daß er bei Bedarf die erste Platte selbst verlegt hätte, wenn dies von ihm gewünscht worden wäre. Der Unfallversicherungsschutz sei auch zu bejahen, wenn die Grundsätze der „gemischten Tätigkeit” herangezogen würden.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24.10.1990 aufzuheben und festzustellen, daß die Beklagte der für den Unfall des Beigeladenen vom 3.12.1988 zuständige Versicherungsträger ist.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene schließt sich dem Antrag und der Berufungsbegründung der Klägerin an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozeßakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143 ff, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, ist die nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG zulässige Feststellungsklage nicht begründet. Denn der Unfall des Beigeladenen vom 3.12.1988 stellt keinen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall dar.

Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den der Versicherte bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Der Beigeladene war bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert. Insoweit mangelt es an einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen U. M. und dem Beigeladenen, das durch ein umfassendes Weisungsrecht gekennzeichnet sein müßte (BSG, Urteil vom 27.10.1987, Az: 2 RU 9/87). Bei dieser Sachlage könnte ein Arbeitsunfall nur vorgelegen haben, wenn der Beigeladene wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherter tätig geworden ist (§ 539 Abs. 2 RVO). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind indes nicht gegeben.

Bei der Anwendung des § 539 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2...

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