Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 18.10.1999; Aktenzeichen S 6 U 156/98)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18.10.1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob der Unfall des Klägers vom 16.11.1996 die Voraussetzungen eines versicherten Arbeitsunfalls erfüllt.

Der 1966 geborene Kläger hat den Beruf eines Fernmeldehandwerkers erlernt. Seit 1991 war er als Dipl.-Ingenieur bei der D. T. AG beschäftigt.

Am 16.11.1996 verrichtete der Kläger im Betrieb des Zeugen G. einem Zimmerei- und Dackdeckereibetrieb, Arbeiten an einem Telefonkabel. Hierbei stürzte er aus ca. 2,50 Meter Höhe von einer Aluminiumleiter. Dabei zog er sich eine Fersenbeinimpressionsfraktur rechts und eine Kahnbeinfraktur der Fußwurzel rechts zu.

Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger mit: Am Unfalltag habe er die ISDN-Telefonanlage der Firma G. installieren wollen. Bei der Vorprüfung der Leitungen habe sich ergeben, dass ein Nebenstellenkabel keinen Durchgang gehabt habe. Der Zeuge G. habe vermutet, dass ein Kabel auf dem unter dem Dach geführten Teilstück schadhaft sei. Er, der Kläger, sei daraufhin über eine Leiter auf das Dach gestiegen, um das Kabel in Augenschein zu nehmen. Beim Absteigen von der Leiter sei es zu dem Unfall gekommen. Er habe bereits etwa ab Mitte 1996 in mehreren persönlichen Gesprächen den Zeugen G. über die Konfiguration der Telekommunikationsanlage beraten. Die am 16,11.1996 noch geplanten Arbeiten hätten (ohne die außerplanmäßige Reparatur des Kabels) ca. 2–3 Stunden gedauert. Es habe sich um eine unentgeltliche „Nachbarschaftshilfe” gehandelt.

Durch Bescheid vom 14.1.1998 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Folgen des Ereignisses vom November 1996 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich gehandelt.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 7.4.1998 zurückgewiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat den Kläger persönlich angehört und S. G. als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des SG vom 18.10.1999 verwiesen.

Durch Urteil vom 18.10.1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, den Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom November 1996 zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Unfall vom November 1996 stelle einen versicherten Arbeitsunfall dar. Der Kläger sei im Unfallzeitpunkt nach § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert gewesen. Das Gesamtbild der vom Kläger verrichteten Tätigkeit spreche eher für eine arbeitnehmerähnliche als für eine unternehmerähnliche Tätigkeit.

Gegen dieses ihr am 22.11.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.12.1999 beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Beklagten. Der Senat hat den Kläger persönlich angehört.

Die Beklagte trägt vor: Der Kläger sei bei seiner zum Unfall führenden Tätigkeit nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich tätig geworden. Für die Unternehmerähnlichkeit müssten, wie das BSG entschieden habe, nicht alle Merkmale des Unternehmerbegriffs vorliegen. Zu beachten sei vorliegend, dass der Kläger dem Zeugen G. nicht nur bei der Materialbeschaffung behilflich gewesen sei, sondern konkret vorgegeben habe, welche Geräte zu kaufen seien. Zudem sei von Bedeutung, dass der Zeuge G. dem Kläger keinerlei fachliche Weisungen habe erteilen können. Beim Kläger handele es sich um einen exzellenten Fachmann. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass dieser gegenüber dem Unternehmer G. quasi eine Gewährleistung übernommen habe, da er, nachdem die Anlage nicht funktioniert habe, den Mangel selbst habe beheben wollen. Für eine unternehmerähnliche Tätigkeit spreche ferner die Tatsache, dass der Kläger den Zeugen G. nach entsprechender Programmierung der Anlage habe einweisen wollen. Bei der Installation habe es sich daher eher um einen Auftrag (§ 662 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB–) mit Werkvertragscharakter als um eine abhängige Beschäftigung gehandelt. Dass der Zeuge G. den Termin für die Installation der ISDN-Anlage mit dem Kläger habe absprechen müssen, liege in der Natur der Sache; jeder Unternehmer, der für einen Dritten einen Werkvertrag erfüllen müsse, habe den Auftraggeber in die Terminplanung einzubeziehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Speyer vom 18.10.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor: Nach seiner Auffassung seien die Voraussetzungen des § 539 Abs. 2 RVO erfüllt. Seine Betätigung sei nicht unternehmerähnlich gewesen. Dafür sei von Bedeutung, dass der Zeuge G. die benötigten Materialien selbst besorgt habe. Zu beachten sei auch, dass dieser über ein erhebliches Grundfachwissen i...

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