Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Feststellung des Hilfebedarfs. Anrechnung von Vermögen auf den Hilfebedarf. Grundstücksteil als anrechenbares Vermögen. Bemessung des Grundstückswertes bei einer dinglichen Besicherung der vorläufig gewährten Grundsicherungsleistung

 

Orientierungssatz

1. Ein Grundstücksteil ist jedenfalls dann verwertbares Vermögen im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, wenn die Grundstücksgröße die Angemessenheitsgrenze für ein selbstgenutztes Hausgrundstück überschreitet und der übersteigende Teil tatsächlich abteilbar und innerhalb des relevanten Bewilligungszeitraums verwertbar ist.

2. Die Verwertung eines unangemessen großen Hausgrundstücks durch Teilung und Verkauf einer Teilfläche stellt für sich genommen keine besondere, der Verwertungspflicht entgegenstehende Härte dar.

3. Hat der Grundsicherungsträger infolge einer vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende eine dingliche Sicherheit zu Lasten eines Grundstücks des Grundsicherungsempfängers eintragen lassen, so ist der Wert dieser Sicherheit bei der Ermittlung des Grundvermögens abzuziehen, sodass als anzurechnendes Vermögen nur der um die Sicherheit bereinigte Grundstückswert angesetzt werden kann.

4. Einzelfall zur Verwertung eines Teilgrundstücks im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende.

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.01.2014 geändert. Der Darlehnsbescheid des Beklagten zu 1) vom 22.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2010 wird für die Zeit ab 01.04.2010 aufgehoben. Der Beklagte zu 2) wird verpflichtet, den Klägern unter Abänderung des Bescheids vom 02.03.2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2010 die darlehnsweise bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04.2010 bis 30.06.2010 als Zuschuss zu erbringen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte zu 1) trägt 1/7 der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Gewährung von Grundsicherungsleistungen als Zuschuss anstelle eines Darlehens für die Zeit vom 01.08.2009 bis zum 30.06.2011.

Die am 00.00.1952 geborene Klägerin zu 1) und der am 00.00.1955 geborene Kläger zu 2) erwarben im Jahr 1996 je zur Hälfte Eigentum an dem Grundstück M-straße 00, Amtsgericht J, Grundbuch von C, Flur 00, Flurstücke 000 (1023 qm) und 001 (493 qm) mit einer Gesamtgröße von ca. 1.520 qm im Stadtteil C der Beklagten zu 2). Die Kosten für den Erwerb des Grundstücks beliefen sich nach Angaben der Kläger auf ca. 470.000,00 DM. Es handelt sich um ein sog. Zweifronten-Grundstück, das an die M Straße im Norden und an die C-straße im Süden angrenzt. Das Grundstück ist über beide Straßen erschlossen. Die bauliche und wirtschaftliche Nutzbarkeit richtet sich nach dem seit dem 10.08.1977 rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 17 "C C". Auf dem Grundstück befindet sich angrenzend an die M Straße ein 2-geschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit Anbau, einem hieran angrenzenden Gebäude mit 3 Räumen (Lager, Büro und Doppelgaragen, Nutzfläche ca. 91 qm) sowie einer Werkstatt (Nutzfläche ca. 121 qm), die über einen überdachten Durchgang (fußläufig) und über den unbebauten südlichen Grundstücksteil erreichbar sind. Im Erdgeschoss des Haupthauses liegen die ca. 140 qm große Geschäftsräume (zuletzt leerstehend) und ein ca. 64 qm großer Wohnbereich. Im 1. Obergeschoss befindet sich ein ca. 135 qm großer Wohnbereich, der von den Klägern bewohnt wurde. Zum 31.07.2009 bestand eine Darlehnsverbindlichkeit der Kläger bei der Kreissparkasse T - Darlehns-Nr.: 000 - i.H.v. 13.650,00 Euro, welche über eine im Grundbuch eingetragene Grundschuld gesichert war.

Die Beklagte zu 2) bewilligte den Klägern vorläufig Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.12.2009 (Bescheide vom 16.07.2009, 20.08.2009, 27.08.2009) und für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 (Bescheid vom 26.11.2009) i.H.v. monatlich 950,00 Euro (Regelbedarf 2 x 323,00 Euro, 304,- Euro Kosten der Unterkunft und Heizung). Als Grund für die Vorläufigkeit war die Prüfung der Vermögensverhältnisse angegeben.

Auf Anfrage des Beklagten zu 1) teilte die kommunale Bewertungsstelle des Beklagten zu 1) mit (Stellungnahmen vom 25.09.2009 und 26.11.2009), dass das Grundstück der Kläger im Bereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes "C/C" liege. In dem Bebauungsplan sei eine mögliche Bebauung bereits mit Angabe von Baugrenzen und Firstrichtungen dargestellt. Die Erschließung zu dieser neuen Bebauung sei gesichert, da das Grundstück ein Zwei-Frontengrundstück sei und zwischen Langestraße und der Straße C liege. Die neue Bebauung könne über die Straße C erschlossen werden. Das Grundstück der Kläger könne geteilt und bebaut werden. Die teilbare Grundstücksfläche betrage ca. 760 qm.

Mit Schreiben vom 05.01.2010 hörte der Beklagte zu...

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