Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschiedenenwitwenrente. Ermittlung des angemessenen Unterhalts. Berechnungsmethode. Anrechnung von Pflegegeld

 

Orientierungssatz

1. Der Senat hält die Ausführungen des 4. Senats des BSG vom 29.4.1997 - 4 RA 38/96 = BSGE 80, 198 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 16, BSG vom 6.6.1986 - 5b RJ 18/85 = SozR 2200 § 1265 Nr 79 und BSG vom 12.10.1993 - 13 RJ 55/92 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 11, die gegen die Anwendung der Anrechnungsmethode und für die Bevorzugung der Differenzmethode in Doppelverdienerfällen bei der Ermittlung eines Unterhaltsanspruches bei Geschiedenenwitwenrenten sprechen, für nachvollziehbar und überzeugend und schließt sich der BSG-Rechtsprechung an (Entgegen BSG vom 13.9.1990 - 5 RJ 52/89 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 4, BSG vom 11.9.1991 - 5 RJ 75/90 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 7 und BSG vom 17.7.1996 - 5 RJ 50/95 = SozR 3-2600 § 243 Nr 3).

2. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Abzug vom Nettoeinkommen eines Versicherten im Falle seiner Pflegebedürftigkeit nur im Falle der Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs nach § 60 EheG 1946 vorzunehmen, dh wenn die Ehe aus beiderseitigem Verschulden geschieden wurde, weil im Rahmen des § 60 EheG 1946 auch immer die Leistungsfähigkeit des Versicherten zu berücksichtigen ist, anders als bei § 58 EheG 1946 (Anschluss an BSG vom 23.5.2006 - B 13 RJ 4/05 R).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.02.2010; Aktenzeichen B 13 R 147/08 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 30.03.2006 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2005 verurteilt, den Bescheid vom 05.03.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2003 zurückzunehmen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich im Wege eines Überprüfungsverfahrens gegen die Rücknahme der ihr von der Beklagten ab März 2001 bewilligten anteiligen Geschiedenen-Witwenrente, die die Beklagte seit Januar 2003 nicht mehr auszahlt, und gegen die Rückforderung der Rente für die Zeit von April bis Dezember 2002.

Die im Februar 1935 geborene Klägerin ist die geschiedene erste Ehefrau des 1936 geborenen und 2001 verstorbenen Versicherten N E (Versicherter).

Aus der Ehe mit der Klägerin ist die 1957 geborene D hervorgegangen.

Die 1957 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Versicherten wurde, nachdem sich der Versicherten von der Klägerin getrennt hatte, durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Aachen vom 04.01.1967 (Rechtskraft 24.02.1967) aus alleinigem Verschulden des Versicherten geschieden.

Nach der Heiratsurkunde waren die Klägerin und der Versicherte bei Eingehen der Ehe kaufmännische Angestellte.

Im Versicherungsverlauf des seit 1954 bis 1993 durchgehend versicherungspflichtig berufstätigen Versicherten ist für das Jahr 1966 ein versichertes Entgelt aus abhängiger Beschäftigung von 8669,04 DM und für 1967 von 12.950,00 DM eingetragen.

Der Versicherungsverlauf der Klägerin, die von 1950 bis 1982 versicherungspflichtig tätig war, weist für 1966 ein versichertes Entgelt aus abhängiger Beschäftigung von 11.617,00 DM und für 1967 von 10.657,34 DM aus.

Der Versicherte zahlte der Klägerin nach der Scheidung keinen Unterhalt. Die Klägerin besaß und besitzt gegen den Versicherten keinen eigenen Unterhaltstitel. Mit Urteil von Oktober 1964 war der Versicherte zur Zahlung einer Unterhaltsrente an die Tochter D ab 1964 verurteilt worden; er ist dieser Unterhaltsverpflichtung jedoch nie nachgekommen. Die Klägerin hat nicht wieder geheiratet.

Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit ab 1983 bezog die Klägerin seit Februar 1995 Altersrente mit 60 Jahren. Diese betrug im Jahr vor dem Tod des Versicherten monatlich durchschnittlich 2199,62 DM netto (Durchschnittswert aus 6 Monatsrenten von je 2190,81 DM für das erste Halbjahr 2000 und weiteren 6 Monatsrenten von je 2208,44 DM für das zweite Halbjahr 2000).

Im Mai 1967 heiratete der Versicherte die Beigeladene zu 2). Aus dieser im März 1973 aus beiderseitigem Verschulden geschiedenen Ehe sind die Kinder D., geboren 1963, und M., geboren 1972, hervorgegangen; außerehelich außerdem das Kind H., geboren 1961. Die Beigeladene zu 2) hat im Rahmen der Scheidung auf Unterhaltsansprüche für sich und ihre Kinder verzichtet.

1977 heiratete der Versicherte die Beigeladene zu 1). Aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Beigeladene zu 1) war zum Zeitpunkt des Versterbens des Versicherten nicht erwerbstätig und hatte nach ihren Angaben an eigenen Einkünfte allein solche aus der Pflege des Versicherten in Höhe von 400,00 DM monatlich.

Nach Aufgabe seiner Erwerbstätigkeit 1993 bezog der Versicherte ab dem 01.03.1994 von der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Nettorente des Versicherten betrug im Jahr 2000 durchschnittlich 2683,57 DM (Durchschnittswert aus...

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