Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3. Verfassungsmäßigkeit. Einkommensberücksichtigung. Absetzung Pauschbetrag für Privatversicherungsbeiträge

 

Orientierungssatz

1. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe für ältere Arbeitslose, die eine Erklärung nach § 428 SGB 3 abgegeben haben, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (vgl BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R = SuP 2007, 510).

2. Die Festsetzung einer Pauschale für private Versicherungen in Höhe von 30 Euro ist nicht zu beanstanden, soweit private Kraftfahrzeugversicherungen als gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen betrachtet werden (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R = FEVS 58, 271).

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 1 BvR 2628/07)

BSG (Beschluss vom 09.08.2007; Aktenzeichen B 11b AS 29/07 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe an den Kläger zu 1) über den 31.12.2004 hinaus, hilfsweise über Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 01.01.2005.

Die Kläger bewohnen eine 130 m² große Wohnung in dem in ihrem Eigentum stehenden Haus mit einer Gesamtwohnfläche von 290 m². Die beiden anderen Wohnungen sind vermietet, woraus die Kläger monatliche Mieteinnahmen i. H. v. 596,28 Euro erzielen. Ferner bezieht der Kläger zu 1) eine Betriebsrente i. H. v. 375,74 Euro und eine Rente wegen Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. 724,74 Euro.

Für die gesamte Immobilie fallen monatlich folgende Kosten an:

88,00 Euro

Gartenpflege:

43,75 Euro

Grundbesitzabgaben:

131,69 Euro

Zinsen:

553,28 Euro

Wohngebäudeversicherung:

36,53 Euro

monatliche Gesamtkosten:

853,25 Euro

Ferner sind 22,74 Euro monatlich für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung aufzubringen.

Auf 2009, 2011 und 2012 fällig werdende private Lebensversicherungen zahlen die Kläger monatlich 368,62 Euro.

Der Kläger zu 1) bezog bis zum 29.12.2002 Arbeitslosengeld. Danach stand er bis zum 31.12.2004 beim Arbeitsamt Hamm im Arbeitslosenhilfebezug. Der am 14.06.1946 geborene Kläger zu 1) gab am 21.06.2004 die Erklärung ab, dem Arbeitsmarkt subjektiv nicht zur Verfügung zu stehen (Erklärung nach § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch/SGB III).

Den Antrag vom 15.10.2004 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II lehnte die Beklagte mit an den Kläger zu 1) adressiertem Bescheid vom 23.11.2004 mangels Hilfebedürftigkeit ab. Als Bedarf berücksichtigte sie für die Kläger je 311,00 Euro Regelbedarf sowie 727,93 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), was einen Gesamtbedarf von 1.349,93 Euro ergebe. Dem stünde ein monatliches Gesamteinkommen von 1.696,69 Euro entgegen, das sich aus den vom Kläger zu 1) bezogenen Renten und den Mieteinnahmen zusammensetze. Deshalb bestehe keine Hilfebedürftigkeit.

Hiergegen legte der Kläger zu 1) am 24.01.2005 Widerspruch ein. Er meinte, wegen der Inanspruchnahme der Regelung des § 428 SGB III habe er bis zur Altersrente Anspruch auf Arbeitslosenhilfe oder auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe der Arbeitslosenhilfe. Denn bei der am 21.06.2004 geschlossenen Vereinbarung handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der weder gekündigt noch angepasst werden könne.

Mit an den Kläger zu 1) adressiertem Widerspruchsbescheid vom 06.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es liege eine Bedarfsgemeinschaft bestehend aus beiden Klägern vor. Dies ergebe einen Regelbedarf von 622,00 Euro. Die von den Klägern zu tragenden Kosten für die Unterkunft ermittelte die Beklagte, indem sie die 853,25 Euro monatliche Gesamtkosten mit der von den Klägern genutzten Wohnfläche multiplizierte und durch die Gesamtwohnfläche der Immobilie dividierte. Hieraus ergab sich ein Betrag von 382,49 Euro. Die Heizkosten legte sie mit monatlich 0,73 Euro je m² zugrunde, was bei einer Wohnfläche von 130 m² 94,90 Euro monatlich ergebe. Ferner zog sie die Instandhaltungskosten für die selbst genutzte Wohnung mit 15 % des Mietwertes hierfür ab, was monatlich abzuziehenden Kosten i. H. v. 95,55 Euro entspreche. Hieraus errechnete die Beklagte einen Gesamtbedarf von 1.194,94 Euro. Dem stünden Einkommen aus Renten i. H. v. 1.100,48 Euro sowie nach Abzug der Instandhaltungspauschale und der Schuldzinsen für die vermieteten Wohnungen Mieteinnahmen i. H. v. 201,52 Euro gegenüber. Dies ergebe ein Gesamteinkommen von 1.302,00 Euro. Hiervon seien noch 30,00 Euro als Versicherungspauschale sowie 22,74 Euro für die Kfz-Haftpflicht abzuziehen, was Einnahmen i. H. v. 1.249,26 Euro ergebe. Diese Einnahmen überstiegen den Bedarf, weshalb Hilfebedürftigkeit ausgeschlossen sei. Arbeitslosenhilfe sei ebenfalls nicht über den 31.12.2004 hinaus zu gewähren. § 428 SGB III habe keine Gewähr für die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe enthalten. Vielmehr sei die Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2005 weggefallen.

Hiergegen hat sich die am 29.04.2005 erhobene Klage gerichtet. Die Kläger haben weit...

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