Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme (Verweis mit zusätzlicher Geldbuße)

 

Normenkette

SGB V § 81 Abs. 5; BMV-Ä § 16 B; SGB V § 12; RVO § 368m Abs. 4

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 14. Januar 1998 insoweit aufgehoben, als der Beschluss der Beklagten vom 02. August 1995 aufgehoben worden ist.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme.

Der Kläger war von 1967 bis zum 31. Januar 1998 als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in ... niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung vom 01. Februar 1998 hat er auf seine Zulassung verzichtet.

Die Prüfgremien setzten gegen den Kläger seit dem Quartal IV/90 im Ersatz- und Primärkassenbereich Honorarkürzungen wie folgt fest:

Quartal

Sparte

Überschreitg.

Kürzungstoleranz

Kürzung (Pkt/DM)

IV/90

EK

Beratungen

77,4

50 %

1.483,64

EK

Sonderleistungen

85,5

50 %

7.159,80

EK

Phys.-med. Leistg.

209,4

30 %

1.682,83

EK

Röntgenleistungen

95,0

50 %

906,24

PK

Beratungen

76,4

30 %

53.579,1

PK

Sonderleistungen

72,8

30 %

187.320,7

PK

Phys.-med. Leistg.

189,7

30 %

30.862,2

PK

Röntgenleistungen

104,6

50 %

29.753,0

I/91

EK

Beratungen

67,2

30 %

2.115,75

EK

Sonderleistungen

68,7

30 %

23.853,13

EK

Phys.-med. Leistg.

147,9

30 %

1.312,01

EK

Röntgenleistungen

80,5

50 %

3.427,05

PK

Beratungen

74,0

30 %

56.220,5

PK

Sonderleistungen

67,5

30 %

184.614,2

PK

Phys.-med. Leistg.

182,6

30 %

36.438,9

PK

Röntgenleistungen

91,4

30 %

28.051,0

II/91

EK

Beratungen

62,8

30 %

1.620,26

EK

Sonderleistungen

67,9

30 %

7.171,42

EK

Phys.-med. Leistg.

134,1

30 %

787,68

EK

Röntgenleistungen

94,5

50 %

782,84

PK

Beratungen

60,2

30 %

34.545,1

PK

Sonderleistungen

51,6

30 %

92.906,6

PK

Phys.-med. Leistg.

154,5

30 %

21.145,2

III/91

EK

Phys.-med. Leistg.

139,3

30 %

579,85

PK

Phys.-med. Leistg.

195,8

30 %

20.788,0

IV/91

EK

Phys.-med. Leistg.

187,6

30 %

1.511,79

PK

Phys.-med. Leistg.

197,9

30 %

27.901,5

I/92

PK

Phys.-med. Leistg.

257,8

100 %

33.676,4

II/92

PK

Phys.-med. Leistg.

190,0

100 %

13.438,4

III/92

PK

Phys.-med. Leistg.

137,4

100 %

5.146,7

IV/92

PK

Phys.-med. Leistg.

211,8

100 %

20.998,8

I/93

EK

Phys.-med. Leistg.

233,8

100 %

1.408,17

PK

Phys.-med. Leistg.

239,8

100 %

28.305,7

II/93

EK

Phys.-med. Leistg.

322,2

100 %

14.765,7

PK

Phys.-med. Leistg.

333,3

30 %

44.736,2

III/93

PK

Phys.-med. Leistg.

222,7

30 %

27.424,8

IV/93

EK

Phys.-med. Leistg.

194,1

30 %

13.389,5

PK

Phys.-med. Leistg.

147,3

30 %

19.184,4

I/94

EK

Phys.-med. Leistg.

308,5

30 %

22.051,8

PK

Phys.-med. Leistg.

265,2

30 %

42.418,2

II/94

EK

Phys.-med. Leistg.

258,4

30 %

14.261,9

EK

Rö. Nr. 5050

124,9

50 %

2.054,9

PK

Phys.-med. Leistg.

161,3

30 %

16.820,7

III/94

EK

Phys.-med. Leistg.

224,1

30 %

8.485,9

PK

Phys.-med. Leistg.

229,0

30 %

18.932,8

Der Kläger legte gegen die Honorarkürzungsbescheide entweder keinen Widerspruch ein oder nahm die eingelegten Widersprüche nach der Abhilfeprüfung zurück.

Am 21. März 1995 beantragte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) -Bezirksstelle Hildesheim- die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens wegen ständiger Unwirtschaftlichkeit.

Nach Anhörung des Klägers und mündlicher Verhandlung, zu der der Kläger und der Vorsitzende des Vorstandes der Beklagten geladen waren, verhängte der Disziplinarausschuss der KVN-Bezirksstelle ... mit Beschluss vom 02. August 1995 gegen den Kläger einen Verweis verbunden mit einer Geldbuße von 10.000,00 DM. Der Kläger habe seine kassen- und vertragsärztlichen Pflichten dadurch verletzt, dass er sich trotz widerholter Abmahnungen fortgesetzt über das Wirtschaftlichkeitsgebot hinweggesetzt habe, so dass in den Jahren 1990 bis 1994 in insgesamt 16 Quartalen im Bereich der Beratungen, der Sonderleistungen, der Röntgenleistungen und insbesondere der Phys.-med. Leistungen Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise vorgenommen werden mussten.

Er führte zur Begründung weiter aus, dass bei Überschreitungen von mehr als 50 % nach der vom Bundessozialgericht (BSG) gebilligten statistischen Methode ein offensichtliches Missverhältnis vorliege, das ohne weiteres den Schluss auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise rechtfertige. Die Überschreitungen in der Praxis lägen in den Jahren 1990 bis 1994 in einer ununterbrochenen Folge von 16 Quartalen bei den Ersatzkassen bzw den Primärkassen in der großen Vielzahl der Fälle deutlich (bis zu 333,3 %) über dem Kreisgruppendurchschnitt. Damit gelte die unwirtschaftliche Praxisführung in der jeweils betroffenen Sparte für die Zeit vom vierten Quartal 1990 bis zum dritten Quartal 1994 als nachgewiesen. Eine Kompensationsfähigkeit zwischen den festgestellten Mehraufwendungen und etwaigen Minderaufwendungen und Praxisbesonderheiten sei nicht festgestellt worden. Die Kürzungen seien äußerst maßvoll vorgenommen worden und teilweis...

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