Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenbeteiligung. stationäre Entfernung eines Brustimplantats

 

Orientierungssatz

Zur Kostenbeteiligung an der stationären Entfernung eines Brustimplantats.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kostenbeteiligung für die stationäre Entfernung eines Brustimplantats.

Die am 5. Dezember 1972 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie führte 2011 eine medizinisch nicht indizierte Brustaugmentation mit einer Mammaprothese durch. Das Implantat war nach dem Vorbringen der Klägerin rechts mehrfach eingerissen und rupturiert und musste entfernt werden. Die Klägerin befand sich vom 2. bis 6. Mai 2017 und 17. bis 28. Mai 2017 im G. H.. Am 2. Mai 2017 wurde eine perkutane (Nadel-)Biopsie an der Mamma und am 23. Mai 2017 eine Entfernung der Mammaprothese mit Exzision einer Kapselfibrose durchgeführt. Als Diagnosen wurden ua angegeben N 61 Entzündliche Krankheiten der Mamma, T 85.82 Kapselfibrose der Mamma durch Mammaprothese oder -implantat, U 69.10 ! anderenorts klassifizierte Krankheit, für die der Verdacht besteht, dass sie Folge einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation, einer Tätowierung oder eines Piercings ist. Über die schönheitschirurgische Brustaugmentation durch operatives Einsetzen von Brustimplantaten schloss die Klägerin mit dem Krankenhaus einen privatärztlichen Vertrag über 1.500,-- € ab (§ 3 des Vertrages über die Erbringung einer „schönheitschirurgischen Brustaugmentation“ vom 17. Mai 2017). Für die stationäre Behandlung der Klägerin zur Implantatentfernung stellte das Krankenhaus der Beklagten einen Gesamtbetrag in Höhe 6.421,87 € in Rechnung (DRG J24C: Eingriffe an der Mamma außer bei bösartiger Neubildung ohne ausgedehnten Eingriff, mit komplexen Eingriff).

Die Beklagte stellte fest, dass keine Zusage gegenüber der Klägerin vorlag und keine CA-Diagnose gestellt worden war. Sie hörte die Klägerin mit Schreiben vom 20. Juni 2017 dazu an, dass sie für die stationäre Krankenhausbehandlung vom 2. Mai bis 28. Mai 2017 die Summe von 6.421,87 € zurückfordere. Das Implantieren der Mammaprothese sei im Bereich einer Privatleistung erbracht worden. Somit fielen auch sämtliche Folgekosten in den privaten Bereich. Mit Schreiben vom 7. Juli 2017 verlängerte die Beklagte auf den Antrag der Klägerin die Anhörungsfrist bis zum 21. Juli 2017.

Mit Bescheid vom 26. September 2017 stellte die Beklagte der Klägerin anteilige Kosten in Höhe von 1.271,25 € in Rechnung. Sie habe Leistungen erbracht, die durch eine Krankheit infolge einer medizinisch nicht notwendigen ästhetischen Operation erforderlich geworden seien. An den Kosten, die durch diese Folgeerkrankung entstanden seien, hätten sich die Versicherten angemessen zu beteiligten. Die angemessene Beteiligung betrage 50 % der Behandlungskosten. Unter Berücksichtigung des Einkommens und evtl Unterhaltspflichten habe sie die Eigenbeteiligung jedoch analog der Zumutbarkeitsgrenzen für außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) auf 6 % des jährlichen Einkommens begrenzt. Es ergebe sich mithin ein Betrag von 1.271,25 €.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 29. September 2017 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2017 zurückwies.

Hiergegen hat die Klägerin am 24. November 2017 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Es habe bereits keinen angefochtenen Grundbescheid gegeben. Die Beklagte habe keinen Bescheid erlassen und mittels Rechtsmittelbelehrung der Klägerin zugestellt. Der Bescheid der Beklagten sei ein Schreiben zur Anhörung, es handele sich nicht um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Zudem lägen die Voraussetzungen nicht vor. § 52 Abs 2 SGB V sei verfassungswidrig. Die Norm verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Grundgesetz (GG). Die Klägerin habe sich die Krankheit nicht vorsätzlich zugezogen. Der in § 52 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) betroffene Personenkreis werde genauso schlecht gestellt wie von § 52 Abs 1 SGB V betroffene Kriminelle, obwohl eine Abstufung vorzunehmen gewesen wäre. Zudem führe Abs 2 sogar zu einer Schlechterstellung, weil Abs 1 im Gegensatz zu Abs 2 ein Ermessen eröffne. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht vorhanden. Eine Orientierung an § 33 Abs 3 EStG sei nicht einschlägig und für die Klägerin nicht einmal ansatzweise überprüfbar.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Mai 2018 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Bei dem Schreiben vom 20. Juni 2017 habe es sich lediglich um eine Anhörung und um keinen Verwaltungsakt gehandelt. Aus dem Schreiben sei auch nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont erkennbar gewesen, dass die Beklagte mit diesem Schreiben nur rechtliches Gehör gewähren und keine Regelung treffe...

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