Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Kostenerstattung für eine selbst beschaffte Leistung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 15 Abs. 1 S. 3 SGB 9 ist der Rentenversicherungsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen erst dann verpflichtet, wenn sich der Leistungsberechtigte nach Ablauf einer angemessenen Frist eine erforderliche Leistung selbst beschafft. Die Erstattungspflicht besteht erst nach Fristablauf. Hat sich der Versicherte dafür entschieden, eine von ihm gewählte Reha-Klinik zur Anschlussheilbehandlung aufzusuchen, ohne zuvor die Entscheidung des Versicherungsträgers abzuwarten, so ist ein Erstattungsanspruch ausgeschlossen.

2. Im Übrigen besteht zugunsten des Versicherungsträgers ein Prüfungsrecht innerhalb hierzu angemessener Zeit, ob Einrichtungen zur Verfügung stehen, die er entweder selbst betreibt oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB 9 besteht. Das zugunsten des Versicherten bestehende Wunsch- und Wahlrecht besteht nur in Bezug auf Einrichtungen i. S. des § 15 Abs. 2 S. 1 SGB 6. Das maßgebliche Sachleistungsprinzip verhindert, dass der Versicherte sich eine Leistung selbst beschafft und deren Kosten anschließend dem Versicherungsträger in Rechnung stellt.

 

Normenkette

SGB IX § 15 Abs. 1 Sätze 2-4, § 21; SGB VI § 15 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Inanspruchnahme einer selbst beschafften Rehabilitationsmaßnahme.

Die am ... 1948 geborene Klägerin wurde am 16. Juni 2010 im A. Westklinikum in H.- R. (im Folgenden: A1) zur stationären Behandlung ihrer seit Jahren zunehmenden Hüftbeschwerden aufgenommen. Am Folgetag unterzog sie sich einer Hüftoperation mit Implantation eines künstlichen Hüftgelenks rechts.

Am Nachmittag des 22. Juni 2010 ging bei der Beklagten ein Telefax des Entlassungsmanagements des A1 ein, das aus einem von der Klägerin unterschriebenen und an die Beklagte adressierten Antragsformular auf Anschlussrehabilitation (Anschlussheilbehandlung, im Folgenden: AHB) vom 16. Juni 2010 sowie einem Befundbericht des A1 vom 18. Juni 2010 bestand, aus dem hervorging, dass es der Wunsch der Klägerin sei, eine stationäre AHB in der D. N.-Klinik "G." in S. (im Folgenden: D1) in Anspruch zu nehmen. Die Aufnahme dort könne am 2. Juli 2010 erfolgen. Eine Entlassung der Klägerin aus dem A1 sei für den 23. Juni 2010 vorgesehen.

Bereits am Vormittag des 22. Juni 2010 war bei der Beklagten ein Telefax des Ehemannes und zugleich Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit dem formlosen Antrag auf Gewährung einer AHB eingegangen. Die Klägerin werde bereits am 23. Juni 2010 aus dem A1 entlassen und es sei beabsichtigt, die AHB in der D1 durchzuführen. Die AHB könne dort schon am 24. Juni 2010 beginnen. Eine alternative Unterbringung im W.-Klinikum H1 in S. sei frühestens ab dem 8. Juli 2010 möglich. Die Klägerin wolle die AHB so schnell wie möglich beginnen und deshalb nach der Entlassung aus der Rehabilitationsklinik in ihr Wochenendhaus in W1 (bei S.) ziehen, um von dort aus zusätzlich ambulant Reha-Maßnahmen zwecks schnellstmöglicher Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit durchzuführen. Beantragt werde deshalb, die AHB in der D1 zu genehmigen, obwohl die Beklagte keinen Vertrag mit dieser Klinik haben solle. Der dort tätige leitende Chefarzt Dr. K. habe erklärt, dass die Beklagte im Rahmen von Einzelfallentscheidungen die Behandlung in seiner Klinik bereits in der zurückliegenden Zeit bei einigen Patienten genehmigt habe. Weil die Sache eilbedürftig sei, werde um kurzfristige, ggf. auch telefonische Rückäußerung und Bestätigung gebeten. Unmittelbar nach Zugang dieses Schreibens hatte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin fernmündlich mitgeteilt, dass noch ein besonderes Formular auszufüllen sei, welches für die Prüfung der Sache notwendig sei. Wahrscheinlich werde die Prüfung aber nicht bis zum 23. Juni 2010 abgeschlossen sein. Die Beklagte hatte zudem erklärt, dass die Durchführung und Unterbringung nur in einer Rehabilitationsklinik erfolgen könne, mit welcher sie einen gesonderten Vertrag geschlossen habe. Vorgeschlagen würden die Rehabilitationskliniken in M., D2, B. sowie die Rehabilitationsklinik N1 in S ... Daraufhin hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit einem weiteren Telefax vom Mittag des 22. Juni 2010 nochmals um Genehmigung der beantragten AHB gebeten. Eine Aufnahme in der Rehabilitationsklinik N1 in S. sei mangels Kapazität nicht vor dem 8. Juli 2010 möglich. Auch eine Unterbringung entsprechend dem Vorschlag der Beklagten in M., D2 oder B. sei nicht ab dem 23. Juni 2010 möglich, sondern frühestens acht bis zehn Tage später. Der sofortige Beginn der AHB sei medizinisch notwendig, auch wegen der Absicht, so schnell wie möglich wieder arbeitsfähig zu werden sowie aufgrund der häuslichen Nähe z...

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