nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 23.03.2001; Aktenzeichen S 72 KR 1160/99)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. und 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 2001 werden zurückgewiesen. Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1. und zu 2. haben dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und die Erhebung von Säumniszuschlägen.

Der Kläger betrieb von 1985 bis zum 30. Juni 1992 in Berlin die Gaststätte B. I. Die in dieser Gaststätte beschäftigten Arbeitnehmer wurden steuer- und sozialversicherungsrechtlich ausschließlich als Aushilfskräfte mit monatlichen Entgelten von 320,00 DM bis 565,00 DM geführt. Anlässlich einer Steuerprüfung im Jahre 1992 wurde festgestellt, dass die Bruttoverdienste dieser Arbeitnehmer, die in den Büchern des Klägers lediglich mit ihren Vor- oder Aliasnamen und ohne Adresse geführt worden sind, tatsächlich über diesen Verdiensten lagen. Der zwischenzeitlich verstorbene Geschäftsführer der Gaststätte des Klägers, Herr N. B., gab hierzu in seiner polizeilichen Vernehmung als Beschuldigter am 11. März 1992 an, dass die Arbeitnehmer des B. I je Schicht 40,00 DM und von den verbliebenen Tageseinnahmen 10 v.H. erhalten hätten. Die Unterlagen des Klägers über seine Buchführung (Disketten) wurden von der Polizei beschlagnahmt. Zudem ermittelte die Polizei von 30 Arbeitnehmern die vollständigen Namen, teilweise unter Zuordnung zu den jeweiligen in den Lohnunterlagen vorgefundenen Aliasnamen, und deren vollständige Adressen. Eine Auswertung der Disketten erfolgte durch die Beklagte nicht. Auch wurden im Verwaltungsverfahren die von der Polizei ermittelten Arbeitnehmer nicht angeschrieben, um den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Mit Schreiben vom 16. Februar 1998 gab die Beklagte dem Kläger die festgestellte Gesamtlohnsumme aller Arbeitnehmer des B. I, ausgehend von den von der Finanzbehörde festgestellten Barlöhnen und die Berechnung der Beitragsnachforderung bekannt. Sie forderte den Kläger unter Fristsetzung auf, für alle Arbeitnehmer vollständige und prüffähige Lohnaufzeichnungen geordnet und überschaubar zur Prüfung vorzulegen. Anderenfalls, so die Beklagte, sei beabsichtigt, für die namentlich nicht bekannten Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge mittels eines Summenbescheides festzusetzen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Daraufhin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 1999 für die Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1991 Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 36.352,00 DM (Krankenversicherungs-beiträge: 15.260,76 DM, Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter: 16.490,58 DM und Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit: 4.600,66 DM) nach. Für die Zeit von Januar 1995 bis März 1998 setzte sie Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 14.157,00 DM fest.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass er die Geschäfte des B. I aus gesundheitlichen Gründen lediglich bis Ende 1986 geführt habe. Von 1987 an habe er die Geschäftsführung deshalb Herrn B. übertragen. Dieser habe das Personal eingestellt und entlassen und die gesamten Geschäfte geführt. Von den Machenschaften seines Geschäftsführers habe er keine Kenntnis gehabt. Selbst wenn im Übrigen die Nachforderung von Beiträgen dem Grunde und der Höhe nach richtig wäre, was er mit Nichtwissen bestreite, sei die Forderung verjährt.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 23. März 2001 die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beitragsforderung verjährt sei. Hinreichende Anhaltspunkte für ein (bedingt) vorsätzliches Handeln des Klägers seien für die Kammer nicht erkennbar. Auch der allgemeine Hinweis der Beklagten, dass sich der Kläger ein vorsätzliches Handeln von Betriebsangehörigen zurechnen lassen müsse, führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn eine solche Zurechnung setze das Vorliegen von konkreten Umständen voraus, die einen individuellen Vorwurf gegenüber dem Beitragsschuldner begründen. Im Hinblick auf den Kläger habe die Beklagte solche Umstände weder vorgetragen noch seien sie sonst ersichtlich. Auch lägen die Voraussetzungen für den Erlass eines Summenbescheides nicht vor. Die arbeitstäglich an jeden einzelnen Beschäftigten ausgezahlten Löhne könnten zumindest 30 Beschäftigten zugeordnet werden, deren vollständige Namen und Anschriften im Zuge des Steuerstrafverfahrens von der Polizei ermittelt worden sind. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt gewesen, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge als eigene Forderung geltend zu machen. Der Gesetzgeber habe den Rentenversicherungsträgern lediglich das Recht und die Pflicht zur Prüfung der Arbeitgeber sowie die Befugnis zum Erlass von Ve...

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