Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Höhe des Streitwerts bei Streit um einen Maßnahmebescheid wegen Qualitätsmängel gegenüber einer Pflegeeinrichtung

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Maßnahmebescheid (hier: wegen Qualitätsmängel einer Pflegeeinrichtung) ermittelt sich der Wert des Streitgegenstandes durch eine Addition der jeweiligen Einzelstreitwerte für jede einzelne der im Bescheid auferlegten Maßnahmen, soweit diese einen eigenen Streitgegenstand darstellen (Fortführung LSG Berlin-Brandenburg,  Beschlüsse des Senats vom 7. Oktober 2010, L 27 P 51/10 B RG, vom 7. Juli 2010, L 27 P 12/10 B, vom 10. Dezember 2009, L 27 P 41/09 B RG). Dabei ist im Zweifel jeweils der Auffangstreitwert zugrunde zu legen.

2. Einzelfall zur Festsetzung des Streitwertes bei einem Maßnahmebescheid mit mehreren Einzelmaßnahmen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 geändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf 100.000,00 € festgesetzt.

Im Übrigen werden die darüber hinausgehende Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) sowie die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2) zurückgewiesen.

Für das Beschwerdeverfahren werden Gebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe des Streitwertes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 111 P 155/10 ER I.

In diesem Verfahren hat die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Maßnahmenbescheid der Antragsgegner vom 9. März 2010 beantragt, in welchem sie unter Fristsetzung und Androhung der Kündigung des Versorgungsvertrages zur Beseitigung diverser bei der Prüfung ihrer ambulanten Pflegeeinrichtung vom 1. Dezember 2009 monierter Qualitätsmängel aufgefordert wurde. Nachdem die Antragsgegner im Hinblick auf das Ergebnis der Wiederholungsprüfung vom 27. Mai 2010 erklärt hatten, dass der Maßnahmenbescheid nicht vollzogen werde, haben die Beteiligten das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 18. Februar 2011 hat das Sozialgericht den Beteiligten die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 12.500 € festgesetzt. Hierbei ist es von fünf Maßnahmekomplexen ausgegangen, die es jeweils mit 5.000,00 € bewertet hat. Den sich hieraus ergebenden Betrag hat es mit der Begründung, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handele, um die Hälfte reduziert.

Dagegen richtet sich die im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, die unter Berücksichtigung der im Maßnahmenbescheid aufgelisteten 39 Einzelmaßnahmen eine Erhöhung des Streitwertes auf 195.000,00 € begehren. Die Antragsgegner haben ebenfalls Beschwerde eingelegt, mit der sie eine Herabsetzung des Streitwertes auf den Auffangstreitwert von 5.000,00 € geltend machen, da der Sach- und Streitstand keine anderweitigen Anhaltspunkte biete.

II.

Über die gemäß §§ 172, 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 3 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässigen Beschwerden ist mangels originärer Einzelrichterzuständigkeit im Bereich des SGG durch den Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu entscheiden (vgl. hierzu Landessozialgericht -LSG- Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2010, L 22 R 963/09 B, sowie Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2009, L 11 B 7/09 KA, bei Juris). Die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Deren darüber hinaus gehende Beschwerde sowie die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2) sind unbegründet.

Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren S 111 P 155/10 ER I sind aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beschwerdebefugt. Danach kann ein Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Wertes beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes wären die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beschwert, so dass ein eigenes Interesse an der Festsetzung des geltend gemachten höheren Streitwertes besteht.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat auch insoweit teilweise Erfolg, als der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf 100.000,00 € festzusetzen ist.

Gemäß §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert im sozialgerichtlichen Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit in den Vorschriften des GKG, insbesondere in § 52 Abs. 2 bis 7 GKG, nichts anderes bestimmt ist. Das Sozialgericht hat danach den Streitwert in dem angefochtenen Beschluss vom 18. Februar 2011 zu Unrecht auf 12.500,00 Euro festgesetzt. Diese Wertfestsetzung wird der ...

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