§ 11 LkSG schafft außerdem zukünftig für Gewerkschaften das Recht, neben Nichtregierungsorganisationen gegen grobe Missstände zu klagen, was bisher nur den Geschädigten selbst möglich war. Danach kann derjenige, der geltend macht, in einer überragend wichtigen und nach dem LkSG geschützten Rechtsposition verletzt zu sein, zur gerichtlichen Verfolgung seiner Rechte einer inländischen Gewerkschaft die Ermächtigung zur Prozessführung erteilen. Darüber hinaus sind die Arbeitnehmervertretungen in bestimmten Bereichen einzubeziehen.

7.1 Wirtschaftsausschuss

So ist durch die Ergänzung des Katalogs der wirtschaftlichen Angelegenheiten in § 106 Abs. 3 Nr. 5b BetrVG n. F. zu "Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten nach dem LkSG"der Wirtschaftsausschuss zu beteiligen. Der Wirtschaftsausschuss ist nach § 106 Abs. 1 BetrVG in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu bilden. Er hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.

Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend zu informieren. Ggf. sind erforderliche Unterlagen im Rahmen der Unterrichtung vorzulegen. Wie weit die Informationspflicht hinsichtlich Fragen der unternehmerischen Sorgfalt in der Lieferkette letztlich reichen wird, ist derzeit offen. In der Praxis werden sich Handlungsspielräume ergeben, die es mithilfe der HR auszufüllen gilt. Dabei muss allerdings stets beachtet werden, dass die nicht rechtzeitige oder unvollständige Unterrichtung zu einem Einigungsstellenverfahren mit weiteren finanziellen Belastungen führen kann.

7.2 Mitbestimmungsrechte

Ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht neben dem Unterrichtungsrecht ergibt sich für den Wirtschaftsausschuss aus § 106 Abs. 3 Nr. 5b BetrVG n. F. nicht. Eine direkte unternehmerische Mitbestimmung bezüglich der Einhaltung der Sorgfaltspflichten, welche das Unternehmen zu einer Kompromissfindung oder Umsetzung von Vorschlägen des Betriebsrates zwingen könnte, besteht folglich nicht.

Allerdings lassen sich für den Betriebsrat Mitbestimmungsrechte durch das gemäß § 8 LkSG einzurichtende Beschwerdeverfahren ableiten. Die Einführung und Umsetzung des Beschwerdeverfahrens hat in der Praxis die Implementierung des Beschwerdeverfahrens im Unternehmen und die entsprechende Schulung der Mitarbeiter zur Folge. In diesem Zusammenhang entstehen also Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG.

Ob im Rahmen der Abgabe der Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen, kommt auf die konkrete Gestaltung der Erklärung an. Das Gesetz verpflichtet jedenfalls nicht zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung, sodass eine unverbindliche Erklärung zur Unternehmensstrategie genügen kann.

Sofern die Grundsatzerklärung allerdings konkrete Weisungen gegenüber den Arbeitnehmern enthält, kommen je nach Gestaltung des Pflichtenprogramms Mitbestimmungsrechte, etwa aus § 87 Abs. 1 BetrVG, in Betracht.[1]

Die Gesetzesbegründung sieht zudem vor, dass die Grundsatzerklärung gegebenenfalls gegenüber dem Betriebsrat zu kommunizieren ist.[2] Sofern kein Mitbestimmungsrecht besteht, ist bisher offen, ob eine Unterrichtungspflicht des Betriebsrats besteht. Bis zur Klärung dieser Frage dürfte es zur Vermeidung von Streitigkeiten zweckmäßig sein, den Betriebsrat entsprechend zu informieren.

[1] Vgl. Edel/Frank/Heine/Heine, BB 2021, S. 2890 (2894).
[2] BT-Drucks. 19/28649, S. 46.

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