Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der vorzeitigen Beendigung eines befristeten Mietverhältnisses durch den Mieter

 

Orientierungssatz

Der Mieter ist berechtigt, ein befristetes Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, wenn die angemietete Wohnung infolge seiner Heirat und der Geburt eines Kindes für die Familie zu klein geworden ist, sofern der Mieter die Stellung eines Nachmieters anbietet.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Zwar muß sich ein Mieter grundsätzlich an den von ihm abgeschlossenen Festmietvertrag halten. Denn gerade bei Abschluß eines befristeten Mietverhältnisses hat der Mieter bewußt eine Beschneidung seiner Entschließungsfreiheit im Wohnbereich hingenommen und muß sich im Grundsatz an dieser Entscheidung auch festhalten lassen. So liegt ein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Vertragsaufhebung dann nicht vor, wenn der Mieter aufgrund einer auf die Veränderung seiner Wohnsituation abzielenden freien Entscheidung das Interesse an der bisherigen Wohnung verloren hat (vgl. OLG Karlsruhe, RE v. 25.3.1981 (= WM 1981, 173), zitiert bei Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 5. Aufl., B 102). Der Eintritt einer Schwangerschaft liegt allerdings auch in unserer heutigen pillengeübten Zeit nicht in der freien Entscheidung eines Festmieters.

Nachdem durch Vorlage der Aufgebotsbestätigung sowie des Mutterpasses der Verlobten des Klägers nunmehr unstreitig geworden ist, daß die Verlobte des Klägers ein Kind erwartet und dieser beabsichtigt, sie zu heiraten und in Familie zusammen zu leben, hat der Kläger ein erhebliches und berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Vertragsbeendigung. Denn nun benötigt er aus familiären Gründen eine größere Wohnung. Der Einwand der Beklagten, ein 36 qm großes 1-Zimmer-Appartement sei für Vater, Mutter und Kind ausreichend, denn die Rechtsprechung habe eine Kündigung wegen Überbelegung erst angenommen, wenn eine 20 qm große Wohnung von 5 Personen bewohnt werde, greift nicht durch. Diese Entscheidung des BayObLG stellt gerade eindeutig darauf ab, daß diese Wohnung erheblich überbelegt war. Bereits eine 36 qm große Wohnung ist für ein Elternpaar mit Kind zu klein, zumal es sich um 1-Zimmer-Appartement handelt, in dem kein gesonderter Raum zum ungestörten Schlafen und sich Entwickeln des Kleinkindes vorhanden ist.

Da die Beklagte in ihrem Schreiben v. 9.2.1988 einen Nachmieter grundsätzlich nicht akzeptiert hat, ist der Kläger so zu stellen, als ob das Mietverhältnis mit seiner Kündigung zum 30.4.1988 und seiner Bereitschaft, zu diesem Zeitpunkt einen Nachmieter zu stellen, sein ordnungsgemäßes Ende gefunden hätte. (Vgl. so auch LG Hannover WM 1975, 242, 243). Die Beklagte hat hier einen Mietaufhebungsvertrag unter der Bedingung, einen Nachmieter zu stellen, treuwidrig verhindert.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1735111

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