BGH: Recht zur Untervermietung gilt auch für Nebenwohnung

Will ein Mieter seine bisherige Hauptwohnung aus beruflichen Gründen weiterhin als Nebenwohnung benutzen, kann dies ein berechtigtes Interesse für eine teilweise Untervermietung begründen.

Hintergrund: Mieter will Wohnung nach Umzug weiterhin nutzen

Der Mieter einer Dreizimmerwohnung in Berlin verlangt von der Vermieterin die Zustimmung zur teilweisen Untervermietung. Er bewohnt die Wohnung seit 2014, zuletzt mit seiner Ehefrau und einem Kind. Nach der Geburt eines weiteren Kindes zog die Familie 17 Kilometer entfernt an den Stadtrand.

Auch nach dem Familienumzug will der Mieter die Wohnung weiterhin nutzen. Er sei Geschäftsführer einer in der Nähe der Wohnung ansässigen Spedition, die viel mit Geschäftspartnern in Lateinamerika und im Mittleren Osten zu tun habe. Wegen der Zeitverschiebung arbeite er häufig früh morgens und spät abends. Tagsüber nutze er die Wohnung zum Ausruhen und mehrmals wöchentlich übernachte er dort, um sich die Fahrt zwischen der Arbeitsstätte und dem Familienwohnsitz zu sparen.

Die Vermieterin stimmte zunächst bis Juni 2020 befristet einer Untervermietung zweier Zimmer zu. Spätere Begehren des Mieters auf Zustimmung zur unbefristeten Untervermietung der beiden Zimmer an namentlich benannte Personen lehnte die Vermieterin ab.

Die anschließende Klage des Mieters auf Erlaubnis der Untervermietung hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. Das Landgericht sah die Sache anders und verneinte ein Interesse des Mieters an einer Untervermietung im Sinne von § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem Mieter ginge es nur darum, zur Kostenreduzierung (Unter-)Mieteinnahmen zu erzielen. § 553 Abs. 1 BGB diene aber ausschließlich dem Bestandsschutz und schütze nur den Erhalt des Mietverhältnisses über den Hauptwohnsitz.

Entscheidung: Umfassendes Recht zur Untervermietung

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Das Landgericht hat den Begriff des berechtigten Interesses an einer Untervermietung zu eng verstanden.

Nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Ein Interesse des Mieters in diesem Sinne ist schon dann anzunehmen, wenn er vernünftige Gründe vorbringt, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen. Der Wunsch des Mieters, durch die Einnahmen aus einer Untervermietung seine Mietaufwendungen zu verringern, ist grundsätzlich solch ein berechtigtes Interesse.

Nicht nur Bestand des Hauptwohnsitzes ist geschützt

Ein berechtigtes Interesse des Mieters an einer Untervermietung setzt nicht voraus, dass es sich um seine Hauptwohnung handelt. Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB besteht darin, dem Mieter die Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten. Dies kann auch eine nicht als Hauptwohnsitz genutzte Wohnung sein, zumal ein Mieter durch einen Mietvertrag nicht verpflichtet wird, in der Mietwohnung seinen Lebensmittelpunkt im Sinne des Hauptwohnsitzes zu begründen.

§ 553 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt keine qualitativen Anforderungen bezüglich der verbleibenden Nutzung des Wohnraums durch den Mieter auf. Von der "Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte" ist dabei regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Hierfür genügt es, wenn er ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um dort Einrichtungsgegenstände zu lagern und / oder dieses gelegentlich zum Übernachten zu nutzen. Nicht erforderlich ist, dass die Wohnung nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt.

Die weitere Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz aus beruflichen Gründen stellt somit ein im Rahmen des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichendes berechtigtes Interesse dar.

Anders als das Landgericht meint, hat der Gesetzgeber nicht lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen. Vielmehr spricht die Mobilität und Flexibilität in der heutigen Gesellschaft, die eine doppelte Haushaltsführung beispielsweise aus beruflichen Gründen häufig bedingen wird, gegen ein zu enges Verständnis des berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Mieter muss nicht auf Untervermietung angewiesen sein

Schließlich kommt es nicht darauf an, ob der Mieter auf die Erzielung von Einnahmen aus der Untervermietung oder die fortdauernde Nutzung der Wohnung aus beruflichen Gründen zwingend angewiesen ist. Vielmehr reicht jedes nachvollziehbare Interesse an einer finanziellen Ersparnis beziehungsweise der Wunsch nach mehr Komfort bei der Lebensgestaltung aus. So ist hier der Wunsch des Mieters, sich während der Pausen tagsüber in der Wohnung auszuruhen und nach einem langen Arbeitstag dort zu übernachten, nachvollziehbar.

Schutz des Vermieters ist anderweitig gewährleistet

Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung gehen die berechtigten Interessen des Mieters an einer Untervermietung den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre.

Die Interessen des Vermieters sind dadurch geschützt, dass der Vermieter eine Erlaubnis zur Untervermietung verweigern darf, wenn in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund besteht oder eine Überbelegung des Wohnraums zu befürchten wäre. Auch kann der Vermieter die Untermieterlaubnis unter Umständen von einer Erhöhung der Miete abhängig machen.

(BGH, Urteil v. 27.9.2023, VIII ZR 88/22)


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Schlagworte zum Thema:  Untervermietung, Mietrecht