Leitsatz (amtlich)

1. Für die Schätzung der nach § 249 Abs.1 Satz 2 BGB erstattungsfähigen Mietwagenkosten ist es in Anwendung des § 287 Abs.1 ZPO zur Bestimmung des "Normaltarifs für Selbstzahler" sachgerecht, auf das arithmetische Mittel der nach der Schwacke- und der Fraunhofer-Liste ermittelten Werte abzustellen (Anschluss OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.August 2011 -1 U 27/11-; LG Offenburg, Urteil vom 04.Oktober 2011 -1 S 4/11-; OLG Celle, Urteil vom 29.Februar 2012 -14 U 49/11-).

2. Im Rechtsstreit vorgelegte Vergleichsangebote anderer Vermieter ("screen-shots") lassen keine zwingenden Rückschlüsse darauf zu, welcher Normalpreis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Anmietung berechnet worden wären.

3. Die Preisgestaltung von Mietwagenunternehmen ist auslastungsabhängig, also von Angebot und Nachfrage bestimmt. Nicht nur bei Internettarifen, sondern auch bei Anmietungen vor Ort oder auf telefonische Anfrage führt dies im Jahresverlauf zu ganz erheblichen Schwankungen.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 23.08.2011; Aktenzeichen 11 C 1413/11)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 23.08.2011 - 11 C 1413/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 425,63 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 24.01.2011 zu bezahlen.

  • 2.

    Das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 23.08.2011 - 11 C 1413/11 - ist nach Maßgabe der unter Ziffer 1. erfolgten Abänderung vorläufig vollstreckbar.

  • 3.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

  • 4.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

  • 5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 6.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 02.12.2010, den ein Versicherungsnehmer der Beklagten unstreitig allein verursacht hat.

Der Kläger mietete für die Reparaturzeit (12 Tage vom 02.12.2010 bis 14.12.2010) ein Ersatzfahrzeug bei der Firma xxx Autoverleih GmbH, für das ihm insgesamt EUR 2.098,93 berechnet wurden. Die Beklagte erstattete vorgerichtlich EUR 632,00. Im Wesentlichen streiten die Parteien darum, ob die Schätzung des "Normaltarifs" auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 oder auf der Grundlage des Marktpreisspiegels Mietwagen des Fraunhofer IAO vorzunehmen ist.

Der Kläger berechnet seine Forderung wie folgt:

AMS 2010, Modus, PLZ 791xx, Gruppe 6, 12 Tage

Wochenpauschale, EUR 644,00 / 7 x 12 Tage

EUR 1.104,00

abzgl. 5% ersparter Eigenaufwendungen

EUR -55,20

Differenz

EUR 1.048,80

Vollkasko gem. Rechnung

EUR 264,04

Winterreifen, EUR 10,00 x 12 Tage

EUR 120,00

Zustellen/Abholen gemäß Rechnung

EUR 32,00

Summe

EUR 1.464,84

abzgl. Zahlung der Beklagten

EUR 632,00

Differenz

EUR 832,84

Die Beklagte errechnet auf der Grundlage der Fraunhofer Liste (PLZ-Gebiet 79, Klasse 6, Tagespreis EUR 44,88) einen Betrag in Höhe von EUR 538,56 von dem sie noch einen Abschlag von 10% wegen ersparter Eigenaufwendungen vornehmen möchte.

Sie hat bereits erstinstanzlich Internetangebote ("screen-shots") von fünf der bedeutendsten bundesweit tätigen Autovermieter vorgelegt, die im Einzelnen wie folgt lauten:

Europcar:

EUR 395,85 (Bildschirmausdruck vom 28.06.2011)

Hertz:

EUR 434,24 (28.06.2011 bis 10.07.2011)

Avis:

EUR 455,72 ( 28.06.2011 bis 10.07.2011)

Sixt:

EUR 461,98 (28.06.2011 bis 10.07.2011)

Enterprise:

EUR 505,40 (28.06.2011 bis 11.07.2011).

Zudem wurde das Internetangebot eines regionalen Anbieters, der Firma xxxxx, mit EUR 587,00 (28.06.2011 bis 10.07.2011) vorgelegt.

Das Amtsgericht hat der Klage auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung der Kammer im wesentlichen stattgegeben.

Die Beklagte vertritt mit ihrer Berufung weiterhin die Ansicht, allein die Fraunhofer-Liste (ggf. mit einem kleinen Zuschlag) sei zur Bestimmung des Normaltarifs geeignet. Eine Schätzung auf der Grundlage der Schwacke-Liste oder auf der Grundlage des Mittelwerts aus beiden Listen sei fehlerhaft. Sie behauptet zudem, die von ihr recherchierten Preise seien von den genannten Firmen auch bei einer Anmietung zum Unfallzeitpunkt berechnet worden. Entsprechende Fahrzeuge hätten auch zur Verfügung gestanden. Zum Beweis dieser Behauptung hat sie sich zunächst auf ein Sachverständigengutachten und nach entsprechenden Hinweisen der Kammer zusätzlich auf die Vernehmung von Zeugen (sämtlicher Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und im weiteren Verlauf auch Sachbearbeiter) der genannten Autovermietungen berufen. Die Kammer hat schriftlich sechs Zeugen der genannten bundesweit tätigen Autovermieter vernommen und zudem im Termin zwei Zeugen des regionalen Unternehmens.

Auf eine weitere Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 540 Abs.2, 313a Abs.1 S.1 ZPO verzichtet.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise auch begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung restlicher...

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