Leitsatz (amtlich)

Lediglich abstrakte Einwände des Fraunhofer-Instituts und die Vorlage von Internetangeboten, die einen anderen Zeitraum betreffen und zu einem späteren Zeitpunkt abgefragt worden sind, sind nicht geeignet, den Schwacke-Automietpreisspiegel als Schätzgrundlage in Frage zu stellen.

 

Verfahrensgang

AG Ettenheim (Entscheidung vom 14.09.2010; Aktenzeichen 1 C 142/10)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Ettenheim vom 14.09.2010 werden zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 77 %, die Beklagte zu 23 %.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  • 5.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.004,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Eine Darstellung der tatsächlichen Feststellungen entfällt nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Berufung:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Angriffe der Beklagten rechtfertigen im Ergebnis keine vom Amtsgericht abweichende Entscheidung.

Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH Urteil vom 19.01.2010 - VI ZR 112/09 - ). Verlangt ein Geschädigter Erstattung von den Normaltarif übersteigender Mietkosten, etwa die eines "Unfallersatztarifs", trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt ein Normaltarif nicht zugänglich war. Dem Schädiger obliegt hingegen im Rahmen des § 254 BGB die Darlegungs- und Beweislast, wenn lediglich nach einem gegenüber dem Normaltarif noch niedrigeren Tarif abgerechnet werden soll (BGH Urteil vom 24.06.2008 - VI ZR 234/07 - ; Urteil vom 02.02.2010 - VI ZR 139/08 - ).

1.

Mit Recht geht das Amtsgericht davon aus, dass dem Kläger mangels ausreichender Erkundigungen lediglich ein Betrag für Mietkosten zuzusprechen ist, der dem Normaltarif entspricht. Die Berufungskammern des Landgerichts Freiburg sehen in ständiger Rechtsprechung im Schwacke-Automietpreisspiegel insoweit eine geeignete Schätzungsgrundlage für den sogenannten "Normaltarif". Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken an der grundsätzlichen Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels vermag die Kammer nicht zu teilen. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass - wie hier - der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den Normaltarif grundsätzlich auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet der Anmietung durch den Geschädigten ermitteln kann (vgl. etwa BGH Urteil vom 18.05.2010 - VI ZR 293/08 - ). Klargestellt hat der Bundesgerichtshof indessen auch, dass eine Schätzung aufgrund anderer Listen und/oder Tabellen, wie etwa dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts oder eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Listen, ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft ist (BGH a.a.O.). Entscheidend kommt es nur darauf an, ob mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel der jeweils beanstandeten Schätzungsgrundlage, sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfange auswirken. Lediglich abstrakte Einwände des Fraunhofer-Instituts und unverbindliche Internetangebote sind dabei nicht geeignet, den Schwacke-Automietpreisspiegel als Schätzgrundlage in Frage zu stellen (ausdrücklich: OLG Karlsruhe NZV 2010, 472f).

In der zitierten Entscheidung vom 18.05.2010 hat der Bundesgerichtshof das Verfahren mit der Begründung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, es seien konkrete Tatsachen aufgezeigt worden, weil ein auf den dortigen örtlichen Markt bezogenes Sachverständigengutachten in sieben von neun Vermietstationen einen wesentlich niedrigeren Grundmietpreis ermittelt und die Versicherung zudem deutlich günstigere Angebote anderer Anbieter benannt habe. Derartige konkrete Tatsachen hat die Beklagte vorliegend jedoch nicht hinreichend dargelegt. Denn Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den zu entscheidenden Fall bezogen sind. Daran fehlt es hier. Den von der Beklagten vorgelegten Angeboten fehlt es an der Vergleichbarkeit; ein auf den örtlichen Markt bezogenes Gutachten liegt nicht vor und musste auch nicht eingeholt werden.

a)

Auf die von der Beklagten vorgelegten ...

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