Rechtsbeschwerde / zugelassen nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzuständigkeit der Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Aussetzung des Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG bis zum Abschluß des Beschlußverfahrens zur Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist mit dem Zweck des § 98 ArbGG nicht vereinbar, den Beteiligten möglichst rasch eine funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6; ZPO § 148

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 16.06.1982; Aktenzeichen 3 Bv 19/82)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 16.6.1982 wird zurückgewiesen,

 

Tatbestand

I. Die Beteiligte zu 2, beabsichtigt, ihre IBM-Anlage auf Lochkartenbasis durch das System DPS 4 von Honeywell-Bull, eine EDV-Anlage mit Bildschirmeinheiten, zu ersetzen. Der Beteiligte zu 1. hat der Beteiligten zu 2. mit Schreiben vom 15.4.1982 vorgeschlagen, zur Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts eine Einigungsstelle zu bilden und einen Vorsitzenden zu bestellen. Die Beteiligte zu 2. hat mit Schreiben vom 19.4.1982 ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1. bei der Einrichtung einer EDV-Anlage mit Bildschirmeinheiten verneint. Vor dem Arbeitsgericht Lübeck ist ein Beschlußverfahren über die Zuständigkeit der Einigungsstelle anhängig – 3 BV 24/82 –.

Der Beteiligte zu 1. hat vorgetragen, die Einführung eines Datenverarbeitungssystems mit Bildschirmarbeitsplötzen sei mitbestimmungspflichtig. Hierüber seien mit der Beteiligten zu 2. Meinungsverschiedenheiten entstanden, die durch Verhandlungen nicht hatten beigelegt werden können, so daß eine Einigungsstelle gebildet werden müsse. Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,

zum Einigungsstellenvorsitzenden den Direktor des Arbeitsgerichts … T. zu bestellen.

Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Gemäß § 98 ArbGG könne der Antrag zur Einsetzung eines Vorsitzenden für die Einigungsstelle dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Die Frage der Offensichtlichkeit sei für das Gericht nur dann beurteilbar, wenn ein schlüssiger Antrag vorliege. Daran fehle es im vorliegenden Verfahren.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluß vom 16.6.1982 den Richter am Arbeitsgericht Dr. … O. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluß nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 22.6.1982 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 2. am 5.7.1982 Beschwerde mit Begründung eingelegt.

Die Beteiligte zu 2. tragt vor: Der Antrag des Beteiligten zu 1. sei unschlüssig, weil jegliche Darlegung eines Sachverhaltes fehle, der für die Zuständigkeit einer Einigungsstelle sprechen könne. Die Frage der Offensichtlichkeit gemäß § 98 ArbGG sei für das Gericht nur dann zu beurteilen, wenn der dargelegte Sachverhalt überhaupt die Möglichkeit gewähre, aufgrund bestimmter Kriterien eine Entscheidung zu fällen. Der Antrag des Beteiligten zu 1. lasse jedoch einen Vortrag vermissen, woraus sich seine angeblichen Ansprüche im einzelnen ergäben.

Im übrigen sei das Verfahren gemäß § 148 ZPO im Hinblick darauf auszusetzen, daß vor dem Arbeitsgericht Lübeck ein Beschlußverfahren hinsichtlich der Zuständigkeit der Einigungsstelle in der gleichen Angelegenheit anhängig sei. Da der Spruch der Einigungsstelle durch das Arbeitsgericht überprüfbar sei, sei die Entscheidung der Einigungsstelle letztlich nur eine vorläufige Regelung. Ein beschleunigt durchgeführtes Bestellungsverfahren führe somit nicht zu einer Klärung des eigentlichen Streitgegenstandes, sondern nur zur Einsetzung der Einigungsstelle, deren Spruch dann der arbeitsgerichtlichen Überprüfung unterliege. Insoweit sei das Beschlußverfahren über die Zuständigkeit der Einigungsstelle vorgreiflich vor dem hier anstehenden Verfahren. Der Arbeitgeber, der gemäß § 40 BetrVG alle in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten zu tragen habe, habe einen Anspruch auf prozeßökonomische Handhabung durch das Arbeitsgericht.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

  1. die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 16. Juni 1982 – Az.: 3 BV 19/82 – abzuändern und nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden,
  2. das hier anstehende Verfahren gemäß § 98 ArbGG gemäß § 148 ZPO wegen Vorgreiflichkeit auszusetzen, da vor dem Arbeitsgericht Lübeck ein Beschlußverfahren anhängig ist, das über die Zuständigkeit der Einigungsstelle in der gleichen Angelegenheit befinden soll.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor: Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle gemäß § 98 ArbGG sei nur dann gegeben, wenn aus dem zur Begründung des Antrags vorgetragenen Sachverhalt für das Gericht ohne weitere Nachprüfung erkennbar sei, daß aus ihm die beantragte Rechtsfolge nicht hergeleitet werden könne. Diese Voraussetzungen einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle lägen erkennbar nicht vor; vielme...

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