Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung. Kündigung. Leiharbeitnehmer. Probezeit. Sittenwidrigkeit. Treuwidrigkeit. Verkürzung. Vorbeschäftigung. Wartezeit. Kündigung während der Wartezeit. Anrechnung einer Beschäftigung als Leiharbeitnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschäftigungszeit als Leiarbeitnehmer ist bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem ehemaligen Entleiher bei erlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung nicht auf die sechsmonatige Wartezeit anzurechnen.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 242; BetrVG § 102; GG Art. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen 6 Ca 396/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 15. Juli 2008, Az.: 6 Ca 396/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 21.04.2008 zum 20.05.2008.

Der Kläger (geb. am 03.11.1970, ledig, kinderlos) war seit dem 31.10.2007 bei der Beklagten als Montagearbeiter im Schichtbetrieb zu einem Bruttomonatslohn von EUR 2.392,11 mit einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt in ihrem ca. 10.000 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.

Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages, der von der Beklagten am 15.10.2007 und vom Kläger am 13.11.2007 unterzeichnet worden ist, haben die Parteien die längstmögliche tarifliche Probezeit (drei Monate) und die tariflichen Kündigungsfristen (vier Wochen) vereinbart.

Der Kläger war bereits seit dem 19.03.2007 als Leiharbeiternehmer im Werk der Beklagten als Montagearbeiter tätig. Es bestand ein befristeter Arbeitsvertrag „zum Zwecke der Förderung der beruflichen Integration bzw. Wiedereingliederung in das Berufsleben” mit der Fa. G. gGmbH. Der Vertrag ab 19.03.2007 war zunächst bis zum 30.09.2007 befristet und wurde am 18.09.2007 bis zum 28.02.2008 verlängert. Die Firma G. gGmbH ist eine gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung der Beschäftigungs-Initiative S.Stadt, deren Ziel es ist, Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen durch die Leiharbeit die Chance zu geben, vom entleihenden Unternehmen übernommen zu werden. Nachdem die Beklagte den Kläger eingestellt hatte, wurde das Vertragsverhältnis mit der G. gGmbH beendet.

Die Arbeitsgruppe, in der der Kläger – auch während seiner Tätigkeit als Leiharbeiter – eingesetzt worden ist, umfasst ca. 35 Mitarbeiter und 19 Arbeitsstationen. Zu den Aufgaben der Gruppe gehört u.a. der Einbau von Fahrerhausschwingungsdämpfern in unterschiedliche Lkw-Typen. Bei einem Lkw-Typ bedarf es zur Montage der Dämpfer einer Steighilfe. Üblicherweise steht den Mitarbeitern ein sog. Elefantenfuß (Foto, Bl. 48 d. A.) zur Verfügung. Der Kläger verwendete – aus streitigen Gründen – eine Materialkiste (Foto, Bl. 49 d. A.) als Steighilfe.

Der Kläger ist Marathonläufer und erzielt herausragende sportliche Erfolge in dieser Disziplin. Allein für das Jahr 2007 sind im Internet folgende Wettkampfteilnahmen des Klägers an Laufwettbewerben dokumentiert:

11.03.2007

32. Bienwald-Marathon

(Platz 103)

28.04.2007

20. Bad Bergzabener Kurstadtlauf

(Platz 7)

19.05.2007

MLP Marathon Mannheim Rhein-Neckar

(Platz 13)

21.07.2007

Fladensteinlauf in A-Stadt

(Platz 10)

16.09.2007

25. Fiducia Marathon Karlsruhe

(Platz 173)

Mit Telefax vom 17.03.2008 teilte der werksärztliche Dienst der Personalabteilung der Beklagten mit, dass der Kläger zum Untersuchungsdatum 11.03.2008 „bis auf Weiteres nicht bandtauglich” sei. Diese ärztliche Feststellung ist aus Sicht des Klägers grob fehlerhaft.

Der Kläger selbst legte folgenden ärztlichen Bericht des Chirurgen Dr. med. G. B., L. Klinik K.-Stadt, vom 12.03.2008 (Bl. 62 d. A.) vor. Dieser Bericht an seinen Hausarzt hat folgenden Wortlaut:

„… wir berichten über die am 05.03.2008 durchgeführte Untersuchung des o.g. Patienten.

Anamnese:

Der Pat. klagt über Schmerzen im re. Fuß.

Befund:

Typischer Druckschmerz Plantaraponeurosenansatz Ferse re. medial, im MRT Fasciitis plantaris, klinisch kein Anhalt für Außenbandinsuffizienz, keine Blockaden

Diagnose:

Metabolische Azidose, Fasciitis plantaris re.

Therapie:

Trägt bereits Einlagen, Informationsmaterial über Übersäuerung mitgegeben, empfehle Enzyme und Basentabletten …”

Am 28.03.2008 entband der Kläger den werksärztlichen Dienst der Beklagten von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Personalabteilung.

Den Unterlagen des werksärztlichen Dienstes entnahm die Beklagte u.a., dass der Kläger am 14.09.2007 und am 27.02.2008 die werksärztliche Ambulanz wegen Schmerzen im rechten Fuß aufgesucht hatte. Am 07.03.2008 soll der Kläger bei der werksärztlichen Untersuchung angegeben haben, dass er seit ca. sechs Monaten unter Schmerzen im rechten Fuß leide. Wegen der Beschwerden könne er seit letztem September nicht mehr joggen.

Am 11.04.2008 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Wegen der Einzelheiten der ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge