Entscheidungsstichwort (Thema)

Treuwidrigkeit einer Wartezeitkündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Kündigung verstößt unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rahmens nur gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung auf die wegen Nichterfüllung der 6-monatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das KSchG keine Anwendung findet.

2. Es stellt keine Treuwidrigkeit dar, wenn der Arbeitgeber lediglich von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch gemacht hat, die Eignung des Arbeitnehmers in einer 6-monatigen Wartezeit zu prüfen.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 1-2, § 26 Abs. 2; BGB § 138 Abs. 1, § 242; KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 16.02.2018; Aktenzeichen 9 Ca 1160/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. Februar 2018, Az. 9 Ca 1160/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung sowie über die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der 1960 geborene Kläger ist verheiratet und gegenüber seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 1981 in verschiedenen Funktionen innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes beschäftigt. Ab 01.03.2017 wurde er vom beklagten Landesverband Rheinland-Pfalz als Schulleiter des D.-Bildungsinstitutes eingestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-RTV) Anwendung. Der Kläger wurde in Entgeltgruppe 13 Stufe 5 DRK-RTV eingruppiert, sein Monatsentgelt belief sich auf € 5.532,71 brutto. In § 3 des Arbeitsvertrages vom 26.01./02.02.2017 haben die Parteien eine Probezeit von sechs Monaten und eine Kündigungsfrist von zwei Wochen in der Probezeit vereinbart.

Mit Anhörungsbogen, der das Datum 05.07.2017 trägt, hörte der Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigen ordentlichen Kündigung des Klägers an. Das Formblatt hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Mitteilung an den Betriebsrat - Kündigung

Anhörung gem. § 102 BetrVG

Wir beabsichtigen folgende ordentliche/außerordentliche Kündigung auszusprechen

1. Persönliche Daten

Name, Vorname

[Kläger]

Straße, Wohnort

[Anschrift Kläger]

Geburtsdatum

00.00.1960

beschäftigt seit

01.03.2017

Betriebsstätte

D.-Bildungsinstitut

Tätigkeit

Schulleiter des Bildungsinstituts

2. Gründe

[Der Kläger] ist noch in der Probezeit. Es ist daher eine ordentliche Kündigung in der Probezeit beabsichtigt zum 31.07.2017.

Die Kündigung ist erforderlich, da seine Arbeit nicht den Anforderungen entspricht.

Wir bitten um Zustimmung der beabsichtigten Kündigung.

3. Unterrichtung des Betriebsrats

Der Betriebsrat wurde unterrichtet am

05.07.2017

Der Betriebsrat hat diese Mitteilung erhalten am

-"-

..."

Neben der handschriftlichen Datumsangabe 05.07.2017 befindet sich die Unterschrift "S. F.". F. ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Der Betriebsrat äußerte sich zur Kündigungsabsicht nicht. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.07. zum 31.07.2017. Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger am 14.07.2017 vom Vorstandsmitglied G. überreicht.

Gegen diese Kündigung hat der Kläger mit einem am 04.08.2017 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben und ua. ausgeführt, die Kündigung sei willkürlich erfolgt, sie verstoße gegen Treu und Glauben und sei sittenwidrig. Die Kündigung sei einzig und allein darauf zurückzuführen, dass ihn der Vorstand G. nicht leiden könne. G. habe ihn von Beginn seines Arbeitsverhältnisses an schikaniert. Er habe ihm aus eigensüchtigen Gründen gekündigt, schlichtweg weil er ihn nicht leiden könne. Zudem sei die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt. Sie sei auch nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben des Beklagten vom 14.07.2017 ausgesprochene Kündigung nicht mit Ablauf des 31.07.2017 beendet wird,
  2. 2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungsgründe beendet wird, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht,
  3. den Beklagten zu verurteilen, ihn über den Ablauf des 31.07.2017 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen und zwar als Schulleiter des Bildungsinstitutes des D.-Landesverbandes Rheinland-Pfalz e.V. mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche in der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 DRK-Tarifvertrag (Arbeitsvertrag vom 26.01.2017/ 02.02.2017),
  4. hilfsweise für den Fall, dass die Klageanträge zu 1) und/oder die Klageanträge zu 2) und 3) abgewiesen werden, den Beklagten zu verurteilen, ihm unter dem Datum des 31.07.2017 ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie auf Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstr...

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