Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. Sanierungsplan. Vergütungssenkung. Betriebsbedingte Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn die Änderungskündigung, die zum Herabsetzen der Vergütung führen soll, wirksam sein soll, müssen die Anforderungen an den dringenden betriebsbedingten Grund bezüglich des Vorliegens erhöhte Anforderungen gestellt werden, wenn die wirtschaftliche Situation auf der Beobachtung eines kurzen Zeitraumes eingeschätzt wird.

 

Normenkette

KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 21.09.2004; Aktenzeichen 6 Ca 653/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.11.2007; Aktenzeichen 2 AZR 789/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach vom 21.09.2004 – AZ: 6 Ca 653/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 15.08.1990 als Küchenhilfe auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.06.1990 (Bl. 448 d. A.) beschäftigt und die Beklagte hat unter dem Namen Rheuma-Heilbad AG einen Aktienkaufvertrag mit den damaligen Trägern der Einrichtung geschlossen und firmiert jetzt als A..

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Kündigung der Beklagten vom 26.03.2004 (Bl. 4 – 6 d. A.) angegriffen, wonach ihr mit Frist zum 30.09.2004 die bislang gewährte Zuwendung nach dem TV über eine Zuwendung für Arbeiter vom 12.10.1973 idF vom 31.01.2003 (Weihnachtsgeld) im Rahmen der Änderungskündigung ab dem Jahre 2004 entfallen soll.

Die Klägerin hat ihre Klage, welche am 15.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, im wesentlichen damit begründet, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, da der von der Beklagten im Prozess vorgebrachte Sachvortrag nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung gewesen sei.

Die ausgesprochene Kündigung sei tarifwidrig, weil sie Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sei. Dass die Beklagte aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband ausgeschlossen worden sei, müsse sie mit Nichtwissen bestreiten, wobei zumindest der Zuwendungstarifvertrag nachwirke.

Die Beklagte habe in dem Aktienkaufvertrag die Aneile der Stadt Bad Kreuznach und des Landes Rheinland-Pfalz übernommen und habe in diesem Vertrag die Kündigung der Anwendung des BMT-G II ausgeschlossen.

Der Wille der Beklagten, Kosten zu senken, stelle keinen Kündigungsgrund zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung dar, zumal Einnahmeverluste auf Dauer nicht zu befürchten seien.

Von einer Insolvenzgefahr könne auch nicht geredet werden, weil die Beklagte Teil eines Konzerns sei, der sich insgesamt in einer guten Situation befinde. Auch fehle ein umfassender Sanierungsplan, der jedoch bei Kürzung von Entgelten im Wege der Kündigung Voraussetzung sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Arbeitsbedingungen der Klägerin durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.03.2004 nicht geändert worden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie rechtfertigt diesen Antrag damit, dass der Betriebsrat von Anfang an umfassend in die Gespräche und Entwicklung eingebunden gewesen sei und man ihn formell am 18.03.2004 angehört habe.

Die erklärte Änderungskündigung sei deshalb gerechtfertigt, weil sie nicht tarifwidrig sei, da die Parteien keiner unmittelbaren und zwingenden Tarifbindung unterliegen würden. Die Beklagte, die seinerzeit noch unter Rheuma-Heilbad AG firmiert habe, sei bis 31.03.1999 Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz gewesen und zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen worden, weil die geänderten Eigentumsverhältnisse die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Verbandsmitgliedschaft nicht mehr erfüllt hätten.

Die dringenden betrieblichen Gründe seien darin zu sehen, dass sowohl im Krankenhaus als auch in den Reha-Kliniken ein erheblicher Belegungsrückgang zu verzeichnen sei. Trotz Einsparmaßnahmen habe der Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 mit einem voraussichtlichen Verlust von 960.000,– EUR geendet, der sich ohne die Streichung des Weihnachtsgeldes zu einem Betrag von 1,28 Mio. EUR belaufen hätte, was die Insolvenz der Beklagten nach sich gezogen hätte. Ein umfassendes Sanierungskonzept, das aus Verbesserung der Belegung, Schenkung des Sachkostenanteils und Reduzierung der Personalkosten entwickelt worden sei, könne die Existenz der Beklagten sichern, zumal auf eine Rettung des Mehrheitsaktionärs, Sana GmbH & Co. KG aA, wegen ihrer rechtlich, wirtschaftlichen organisatorischen Unabhängigkeit, zu rechnen sei.

Die mit der Änderungskündigung anhergehende Streichung des Weihnachtsgeldes sei deshalb zumutbar, weil es zu einem Verlust des Jahreseinkommens in Höhe von 6,5 % bis 7,7 % führe und man die Zuwendung nicht völlig gestrichen hat, sondern durch eine erfolgsabhängige Sonderzahlung ersetzt habe.

Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dies im wesentlichen damit begründet, dass von einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betr...

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